Koralmbahn Eröffnung : Koralmbahn Eröffnung: Countdown zur Jahrhundertchance
Inhalt
- Alpe-Adria Raum als wichtiger Exportmarkt
- Der Baltisch-Adriatische-Korridor
- Die Zukunft im Wirtschaftsraum Südösterreich: Mikroelektronik und Green-Tech
- Der Alpe-Adria Raum vor 100 Jahren
- Historische Wurzeln und Zukunftsaussichten
- Historisches Momentum Industrialisierung
- Entwicklung nach dem 1. Weltkrieg
- Hightech-Forschung in 45 Minuten
- Tourismus spricht für Zusammenwachsen
- Koralmbahn muss erst der Anfang sein

Infrastrukturprojekte wie die Koralmbahn zeigen vor, wie durch räumliche Verdichtung wirtschaftliche Dynamik entstehen kann.
- © ÖBB/evmediaDie Alpen-Adria Region und die beiden Bundesländer Kärnten und Steiermark sind wieder ins Zentrum des europäischen Wirtschaftsgeschehens gerückt.
Der Hafen Triest hat 2024 wieder über 54 Millionen Tonnen an Gütern umgeschlagen. Aufgrund der Krise im Roten Meer ist das nur ein leichter Rückgang im Vergleich zu den Vorjahren.
Der Hafen Koper verzeichnete 2024 sogar neue Rekorde: Der Gesamtumschlag stieg auf 23 Millionen umgeschlagene Tonnen, ein Plus von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Besonders beeindruckend war die Entwicklung am Containerterminal, wo mit 1,13 Millionen umgeschlagenen Containereinheiten (TEU) ein neuer absoluter Rekord erreicht wurde. Damit zeigen sich die östlichen Adriahäfen deutlich stabiler als erwartet. Ein nicht unwesentlicher Teil dieser umgeschlagenen Güter stammt aus der Steiermark bzw. aus Kärnten.
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Alpe-Adria Raum als wichtiger Exportmarkt
Die Exportzahlen von Steiermark und Kärnten zeigen heute wieder, welche Bedeutung der Alpe-Adria Raum für beide Bundesländer hat. Zusammengenommen ist die Alpe-Adria Region für die Steiermark der drittwichtigste (hinter Deutschland und den USA) und für Kärnten sogar der zweitwichtigste (hinter Deutschland) Exportmarkt geworden.
Vor allem die Wachstumsraten sind interessant. So nimmt etwa das Exportvolumen nach Italien aktuell kontinuierlich zu.
Hinzu kommen die Zahlen des Tourismus, die in der Exportstatistik nicht erfasst sind. Urlauber aus Italien, Slowenien und Kroatien zählen für beide Bundesländer unter anderem zu den wichtigsten Zielgruppen im Winter- als auch im Sommertourismus. Maßgeblich dafür sind auch die infrastrukturellen Verflechtungen in der Region. Die räumliche Verdichtung wirkt sich positiv auf den Tourismus aus.
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Der Baltisch-Adriatische-Korridor
Die 130 Kilometer lange Koralmbahn zwischen Graz und Klagenfurt wird als eines der bedeutendsten Verkehrsinfrastrukturprojekte Europas bezeichnet. Sie ist Teil der neuen SüdBahn und damit wichtiger Bestandteil des Baltisch-Adriatischen Korridors, der den Süden Österreichs mit dem gesamten osteuropäischen Wirtschaftsraum verbindet.
Im europäischen Kontext ist die SüdBahn ein wichtiges Teilstück der transeuropäischen Verbindung zwischen Ostsee und Adria und liegt damit im Kernnetz der Europäischen Union. Dieses Kernnetz besteht aus neun Korridoren, von denen vier durch Österreich führen: der Rhein-Donau-Korridor mit der Westbahn, der Skandinavien-Mittelmeer-Korridor über den Brenner, der Orient-Ost-Mittelmeer-Korridor mit der Verbindung Richtung Brünn und Budapest und der Baltisch-Adriatische Korridor mit der neuen Südstrecke.
Das allein verdeutlicht, dass die Bundesländer Kärnten und Steiermark heute wieder im Zentrum einer historisch gewachsenen Wirtschaftsregion liegen. Das zeigt sich nicht nur an der Bedeutung der Güterströme, sondern auch als Unternehmens-, Forschungs- und Finanzstandort.
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Die Zukunft im Wirtschaftsraum Südösterreich: Mikroelektronik und Green-Tech
Neben Green-Tech und dem nach wie vor starken Automotive-Sektor ist vor allem die Mikroelektronik zu einem zukünftigen Geschäftsmodell für den Wirtschaftsraum Südösterreich geworden.
Bis 2031 sollen in Österreich knapp drei Milliarden Euro investiert werden, die wiederum mehr als sieben Milliarden Euro an Investitionen auslösen sollen. Bereits jetzt arbeiten österreichweit 72.000 Mitarbeiter in 280 Unternehmen in diesem Bereich.
Und 80 Prozent der österreichischen Wertschöpfung im Bereich Mikroelektronik werden heute schon in der Steiermark und in Kärnten generiert. Das wird sich noch weiter steigern. Mit dem Silicon Alps Cluster und dem neu gegründeten Chips Competence Center wird die Wertschöpfung in der Region weiter vertieft.
In direkter Nachbarschaft in Norditalien entsteht zudem mit der Cloud-Region ItalyNorth eines der größten KI-Rechenzentren Europas. Microsoft hat im letzten Jahr angekündigt, über vier Milliarden Euro in drei Rechenzentren in der Lombardei zu investieren.
Microsofts Schritt folgt auf ähnliche von AWS, Oracle und Google, die bereits in den letzten Jahren Cloud-Regionen in Italien eingeführt haben. Laut Prognosen wird die Kapazität von Rechenzentren allein in den nächsten drei Jahren in Europa um 21 Prozent steigen.
Der europäische Markt für künstliche Intelligenz wird voraussichtlich mit einer jährlichen Rate von 15,9 Prozent bis 2030 wachsen und damit ein wichtiger Treiber für den Anstieg der Nachfrage nach Rechenzentren sein.
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Der Alpe-Adria Raum vor 100 Jahren
Triest war in der K.u.K Monarchie nicht nur der Sehnsuchtsort für mediterrane Sommerfrische, sondern auch eines der stärksten Handels- und Wirtschaftszentren im damaligen Habsburgerreich mit weitreichenden Wirtschaftsverbindungen in den südösterreichischen Raum und sogar bis nach Wien.
Der Alpe-Adria Raum verband historisch gewachsene Handelsstrukturen und wichtige Wirtschaftszentren wie Mailand, Triest, Klagenfurt, Graz, Ljublijana und Zagreb und war vor über 100 Jahren eine der am meisten florierenden Wirtschaftsregionen in Europa. Nicht nur Bergbau, Industrie, Handel und Finanzdienstleistungen, sondern auch der Tourismus war von jeher eine der wichtigsten Wertschöpfungssektoren in der historisch gewachsenen Region.
Was zwei Weltkriege und der Eiserne Vorhang über 100 Jahre lang getrennt hatten, wächst nun wieder zusammen. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Ländern werden wieder enger und Infrastrukturprojekte wie die Koralmbahn zeigen vor, wie durch räumliche Verdichtung wirtschaftliche Dynamik entstehen kann.
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Historische Wurzeln und Zukunftsaussichten
Alles begann mit dem Aufstieg Triests im Jahre 1719, als Kaiser Karl IV., Vater von Marie-Theresia, die Stadt zum Freihafen erklärte.
Als einziger großer Seehafen für das „historische Österreich“ war die Stadt an der Adria ein wesentlicher Impulsgeber wirtschaftlicher Aktivitäten, von denen die Bundesländer Steiermark und Kärnten rasch durch die Ausweitung ihrer Handelsaktivitäten und durch die Ansiedelung neuer Industrien und Finanzinstitutionen profitierten.
Der Zugang zu einem Seehafen war wesentlich für die Industrialisierung in der Steiermark und für die Herausbildung eines Finanzbürgertums. Dasselbe gilt für Kärnten, das zwar immer stärker agrarisch geprägt war, aber durch die Nähe zu den Adriahäfen der Monarchie durch den Handel profitierte.
Der Kärntner Wirtschaftshistoriker Werner Drobesch, der u.a. an der UNI-Graz am Institut für Wirtschafts- Sozial und Unternehmensgeschichte lehrt, weiß um die historischen Wirtschaftsverbindungen im Alpe-Adria Raum bestens Bescheid.
„Wir haben es hier mit einem historisch gewachsenen Wirtschaftsraum zu tun, der seinerzeit nicht nur durch starke Handelsbeziehungen, sondern auch durch gemeinsame Kapitalströme, Unternehmensbeteiligungen bis hin zu einer ausgedehnten Arbeitskräftemobilität gekennzeichnet war“, erläutert Drobesch.
Der Wirtschaftshistoriker weist darauf hin, dass mit dem Zusammenwachsen des Alpe-Adria-Raumes erneut erhebliche Wertschöpfungspotenziale entstehen werden. Drobesch ist überzeugt, dass viele der heutigen wirtschaftlichen Herausforderungen, wie der Fachkräftemangel, oder der Verlust komparativer Wettbewerbsvorteile, sich durch die Reintegration dieser historischen Wirtschaftsverbindungen lösen lassen.
„Es war beispielsweise zu Zeiten der Monarchie völlig normal, dass Graz ein Arbeitskräfteeinzugsgebiet hatte, das bis weit nach Südosteuropa hinunter reichte oder Kärnten wirtschaftlich intensiv mit Slowenien und Norditalien vernetzt war“, so Drobesch.

Historisches Momentum Industrialisierung
Drobesch weiß auch zu berichten, dass Kärnten und die Steiermark einst über den südsteirischen Raum und das Drautal enger verbunden waren. Mit dem Verlust der Südsteiermark wurden diese Wirtschaftskorridore zwischen beiden Bundesländern gekappt.
„Früher fuhr man von Graz nach Klagenfurt nicht etwas über die Pack, sondern über Marburg, dem heutigen Maribor. Die Koralmbahn ist jetzt eine innerösterreichische Lösung, die aber an alte Strukturen anschließen wird“, so Drobesch.
Kärnten profitierte dabei in früheren Zeiten von der stärkeren Industrialisierung der Steiermark, die von Erzherzog Johann intensiv gefördert wurde, wesentlich mit. So gab es auch in Kärnten einst zahlreiche Unternehmensdynastien.
Wesentlich war auch die Gründung von Finanzinstitutionen, wie der Steiermärkischen Sparkasse, die heuer ihr 200-jähriges Jubiläum feiert.
Auch hier tradiert sich eine historische Wirtschaftsbeziehung, denn die Steiermärkische Sparkasse zählt heute wieder zu einem der bedeutendsten Bank- und Finanzinstitute nicht nur in der Steiermark, sondern in ganz Südosteuropa und somit auch im Alpe-Adria Raum.
Das LCA-Süd in Kärnten ist einer der zentralen Güter-Umschlageknotenpunkte in Südösterreich und dem Alpen-Adria Raum.
- © TSA Villach SüdEntwicklung nach dem 1. Weltkrieg
Nach dem 1. Weltkrieg wurden die historisch gewachsenen Infrastrukturen getrennt. Kärnten und die Steiermark - einst im Zentrum der wirtschaftlichen Entwicklung Europas– fanden sich plötzlich in einer Randlage wieder, abgeschnitten von ihren traditionellen Märkten und Wirtschaftsstrukturen. Während sich in der Steiermark vor allem im Montan- und Stahlbereich Industrien halten konnte, entwickelte sich in Kärnten eher der Agrarsektor. Erst mit dem EU-Beitritt Sloweniens 2004 und Kroatiens 2013 wurde der Grundstein gelegt, dass die einst florierende Wirtschaftsregionen wieder zusammenwachsen konnten.
Heute sind Kärnten und die Steiermark als gemeinsamer Wirtschaftsraum Südösterreich bzw. AREA Süd, wieder Teil der grenzübergreifenden und aufstrebenden Alpe-Adria Region. Triest aber auch das slowenische Koper sowie Krk (LNG-Hafen) in Kroatien sind heute wieder selbstverständlich an die Transport- und Verkehrswege mit Graz und Klagenfurt angeschlossen. Vom Güterterminal am Cargo Center Graz rollen mehrmals täglich die Züge zwischen den Adriahäfen und dem steirischen Zentralraum hin und her und am Logistik Center Austria Süd in Fürnitz bei Villach gehen die Güterwagons nach Norditalien ab.
Politische Kooperationen, gemeinsame Forschungsprojekte und Zusammenarbeit auf vielen Ebenen gibt es zwischen Kärnten und der Steiermark seit Jahren und über das New Alpe Adria Netzwerk dehnt sich diese Kooperation immer mehr auf die Nachbarländer aus. Die Wirtschaftskammern von Kärnten, Steiermark, Slowenien, Kroatien und der norditalienischen Regionen Triest-Gorizia, Bozen, Venedig und Udine sind Mitglieder in diesem Netzwerk, das die Entwicklung einer Makro-Region Alpe-Adria im Sinn hat.

Hightech-Forschung in 45 Minuten
Im Alpen-Adria Raum hat sich jede Region inzwischen auf gewisse, zusammenwirkende Geschäftsfelder spezialisiert. Im Bereich der Forschung arbeiten die Bundesländer Kärnten und die Steiermark bereits seit Jahren intensiv zusammen.
Gemeinsam finanzierte Forschungsinstitute, wie Joanneum Research, haben in beiden Bundesländern spezialisierte Standorte. Auch das Burgenland ist als Finanzierungspartner mit an Bord. Mit der Koralmbahn wird der Forschungsraum in Zukunft noch kompakter werden. Klagenfurt und Graz werden dann jeweils in rund 45 Minuten erreichbar sein, ein bedeutender Faktor für die Mobilität von Studierenden und Forschenden in beiden Bundesländern.
Geforscht wird von Klagenfurt über Graz bis nach Pinkafeld u.a. an digitalen Zukunftstechnologien, Robotik, Health-Tech, Life-Science und neuen Materialien. Zentrale Forschungseinrichtungen sind zudem die Universitäten und Fachhochschulen, allen voran die TU-Graz und die Montanuniversität Leoben.
Tourismus spricht für Zusammenwachsen
Nicht zuletzt schließt sich auch mit dem Tourismus eine historische Traditionslinie. Kamen zu K.u.K Zeiten die Touristen über den Semmering bis nach Triest und machten Zwischenstopps in Graz und am Wörthersee, so erlebt auch Südösterreich und der Alpe-Adria Raum eine Reminiszenz des Fremdenverkehrs.
Der Tourismus in der Steiermark und in Kärnten verzeichnet seit Jahren immer neu Rekorde, längst sind die Urlauber aus Italien, Slowenien und Kroatien zu einer bedeutenden Zielgruppe geworden. Und auch umgekehrt urlauben die Steirer und Kärntner gerne am Meer in Kroatien oder Italien, das heute, dank gut ausgebauter Verkehrswege nur wenige Autostunden entfernt ist.
Für die Wirtschaft ist die Stärke des Tourismus ein weiterer Eckpfeiler, der für ein weiteres Zusammenwachsen der Region spricht. Während andere Wirtschaftsräume in Europa entweder auf Industrie, Forschung, Dienstleistung oder Tourismus spezialisiert sind, vereinen sich diese Sektoren in der Alpen-Adria Region. Arbeiten, wo andere Urlaub machen, bekommt einen ganz neuen Stellenwert.
Koralmbahn muss erst der Anfang sein
Soweit zu den Potenzialen. Doch noch gehören die Häfen in Triest oder Koper nicht zu den Top-15 in Europa, noch kommt die Brutto-Wertschöpfung in der Alpe-Adria Region nicht an andere europäische Regionen wie etwa im Benelux-Raum oder dem Ruhr-Rhein-Gebiet heran. Auch in Sachen Rechenzentren erfolgen bislang in Deutschland, Tschechien und Polen weit höhere Investitionen als südlich der Alpen. Die erfolgreichen Wirtschaftskooperationen in Südösterreich und im Alpe-Adria Raum der letzten Jahre dürfen daher nicht darüber hinwegtäuschen, dass es einen starken innereuropäischen Wettbewerb um die besten Wirtschaftsstandorte gibt.
Was aber für die Bundesländer Kärnten und Steiermark sowie für den Alpe-Adria Region als Standort spricht sind die Wachstumspotenziale. Auf geografisch relativ engem Raum treffen viele unterschiedliche Industrien und Wertschöpfungszweige aufeinander. Geopolitisch liegt die Region günstig mit Zugang zu wichtigen Energie-Infrastrukturprojekten wie dem SouthH2-Korridor oder dem Anschluss an Chinas neue Seidenstraße.
Doch die „Jahrhundertchance“ muss weitergedacht werden und der Koralmbahn müssen weitere Infrastrukturprojekte folgen. Konkret geht es um die räumliche Verdichtung des Raumes Graz-Maribor mit einem notwendigen Ausbau der Transport- und Verkehrswege. Auch die obersteirischen Industriezentren Leoben, Kapfenberg sowie Bruck a.d. Mur und Mürzzuschlag verlangen nach einer schnellen Anschlussverbindung an das Netzwerk der Koralmbahn. In Kärnten braucht es ebenso wichtige Lückenschlüsse und Ausbauten im Bahn- und Straßenverkehr.
„Die Politik kann aus der Geschichte die Potenziale des Alpen-Adria Raumes ablesen“, betont auch Werner Drobesch abschließend. Grenzübergreifende Kooperationen und weitere infrastrukturelle Investitionen werden dazu beitragen, dass wieder zusammenwächst, was fast 100 Jahre lang durch starre Grenzziehungen getrennt war.