Bauwirtschaft Prognose 2023 : Bauwirtschaft im Wandel: Feuer am Dach beim Wohnbau
Laut neuesten europaweiten Umfragen ist die Nachfrage nach privaten Wohnbaukrediten im vierten Quartal 2022 erneut zurückgegangen. Dieser Trend dürfte sich im ersten Quartal 2023 fortsetzen. Als wesentliche Gründe für den Nachfragerückgang wurden die steigenden Zinsen und die unsichere Wirtschaftslage genannt. Kredite sind teurer und weniger leistbar geworden, insbesondere im derzeit schwierigen Umfeld mit hoher Inflation und schwacher Konjunktur. Das hat im vergangenen Jahr zu einer Stornierungswelle im Wohnbau geführt. Vor allem der geförderte Wohnbau ist davon betroffen.
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Ab 1. April sollen die strengen Kreditregeln wieder etwas gelockert werden, den aktuell können fast 50 Prozent der 20-35-jhrigen in Österreich keinen Wohnkredit über 400.000 Euro bekommen. Zu viel billiges Geld ist in den letzten Jahren in den sehr konzentrierten Immobiliensektor geflossen. Das ist lt. Experten europaweit die Hauptursache für die Preissteigerungen beim Wohnen.
Wohnen bleibt teuer
Trotz der sinkenden Kreditnachfrage sind die Preise für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser in ganz Österreich nahezu unverändert geblieben. Trotz sinkender Verkaufszahlen versuchen viele Immobilienfirmen die Buchwerte ihrer Objekte möglichst lange hochzuhalten und nehmen sie gegebenenfalls vom Markt, anstatt günstiger zu verkaufen. Das führt dazu, dass trotz Finanzierungsklemme die Preise für Wohnimmobilien aktuell nicht fallen. Laut Analysten könnte das noch einige Jahre so funktionieren, ehe der Preisverfall sichtbar wird. Die Nachfrage nach den eigenen vier Wänden bleibt aber ungebrochen hoch. Doch nicht nur die Finanzierung selbst macht vielen Wohnträumen einen Strich durch die Rechnung. Hohe Baukosten belasten immer noch die Bauwirtschaft. Zudem steigen die Grundstückspreise in ganz Österreich weiter an.
Grund und Boden ist ein knappes Gut und wird durch diverse politische Regularien sogar noch weiter verknappt. Um den Bodenverbrauch zu stoppen wird die Baulandausweisung immer restriktiver. Um dennoch die Wohnnachfrage decken zu können, bräuchte es mehr Nachverdichtung im Bestand sowie eine effektive Mobilisierung von bereits gewidmeten Bauflächen. Beides wird unzureichend betrieben. Vor allem Baudichten können aufgrund von Bebauungsplanvorgaben vielerorts nicht ausgenützt werden, wodurch sich die Wohnkosten pro Quadratmeter verteuern. Da Eigentum weniger leistbar geworden ist, erhöht sich der Druck auf die Mietpreise.
Auch hier versucht die Politik teilweise mit Mietpreisdeckel gegen die Teuerung vorzugehen. Meistens ohne langfristigen Effekt. In Österreich sind bereits 80 Prozent aller Wohnungsmieten per Gesetz geregelt. Mietpreisbremsen haben zudem den Nebeneffekt, dass Kapital für Sanierung fehlt und Angebot dadurch verknappt wird. Kurzfristig ist das immer eine Option. Aber auch Grunderwerbs- und Immobilienertragssteuer machen die Finanzierung von Eigentum teurer. Auch hier könnte der Staat mit Freibeträgen auf die Grunderwerbssteuer entlasten.
Gemeinnütziger Wohnbau unter Druck
Ursächlich für die Kostensteigerungen im Wohnbereich ist zudem ein Missverhältnis zwischen gemeinnützigen Wohnbauten und frei finanzierten Objekten. Vielerorts sind geförderte Sozialwohnungen von den Kommunen nicht in ausreichendem Ausmaß forciert worden, um dem Preisdruck entgegenwirken zu können. Aktuell sind die Wohnbaugenossenschaften in der Bredouille. Durch die gestiegenen Baukosten können sie ihre gesetzlich festgelegten Preisobergrenzen nicht mehr einhalten. Die Förderungen aus der öffentlichen Hand müssten stark nach oben angepasst werden. Zudem fehlen Vorbehaltsflächen für gemeinnützigen Wohnbau, der sich immer schwerer tut, neue Baugründe zu finden.
Raumordnung versagt bei Baulandmobilisierung
Ein wesentliches Problem ist die inzwischen stark restriktive Raumordnungspolitik in vielen Bundesländern. Baustopps, ausufernde Baugesetze und Bebauungsplanpflichten sollen den Bodenverbrauch eindämmen und eine nachhaltige Ortsbildgestaltung ermöglichen. Die Politik hat sich hier zahlreiche Hebel in die Hand gegeben, die sich aber oft auch negativ auf die Baukosten auswirken. Beispielsweise verteuern Eingriffe in die Bebauungsdichte die Wohnkosten für den Endkunden. Weiters führen Behördenauflagen zu immer längeren Planungszeiträumen und höheren Planungskosten. Und vielerorts versagt eine effektive Baulandmobilisierung.
Zwar sind in den meisten Bundesländern inzwischen Bebauungsfisten Pflicht, doch es zeichnet sich ab, dass viele Grundbesitzer eher eine Rückwidmung in Kauf nehmen, als zu einem niedrigeren Preis zu verkaufen. Statt Mietpreise zu deckeln, sollte der Grundstückspreis indexiert und die Wertsteigerung stärker gedeckelt werden, wird etwa aus der Bauwirtschaft gefordert. Eine effektive Baulandmobilisierung, Erhöhung der Bebauungsdichten vor allem in Ortskernen sowie raschere Genehmigungsverfahren würden sich preisdämpfend auf neue Wohnbauprojekte auswirken.
Anstieg bei Delogierungen
Die Inflation drückt insgesamt auf die Brieftaschen der Österreicher. Laut Justizministerium sind Delogierungen daher wieder gestiegen. Die Arbeiterkammer fordert eben deswegen ein Mietdeckel-Gesetz. In Wien steigen die Mieten aber vor allem im Gemeindebau. Zudem sind die Mieten weniger stark gestiegen wie die Betriebskosten, die oft die wahren Preistreiber beim Wohnen sind. Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund weist darauf hin, dass laut Statistik Austria die Wohnungsmieten von Jänner 2021 bis Dezember 2022 nur um drei Prozent angestiegen sind. Instandhaltung und Reparatur sei hingegen um 25,9 Prozent angezogen.
2023 wird schwierig
Laut Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo verzeichnete das Bauwesen 2022 ein reales Nullwachstum, für das Jahr 2023 prognostizieren die Experten ein kleines Plus von 0,3 Prozent. Insbesondere im Wohnbau gab es im letzten Jahr massive Rückgänge (-2,1 Prozent) und für dieses Jahr wird ein Minus von minus 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr erwartet. Das aktuelle Baubarometer der INFO-TECHNO Baudatenbank, an der sich rund 630 Unternehmen aus dem Bauhaupt- und Baunebengewerbe, sowie Planer und Architekten aus dem ganzen Bundesgebiet beteiligt haben, zeigt eine deutlich angespannte Lage in der heimischen Bauwirtschaft.
In Zahlen
58,4 Prozent der Unternehmen schätzten die Entwicklung der Bauwirtschaft in den nächsten zwölf Monaten als rückläufig ein, nur noch 22,6 Prozent als positiv. Das Stimmungsbarometer erreichte damit seit der ersten Erhebung der INFO-TECHNO Baudatenbank im Jahr 2015 einen Tiefststand. Trotz guter Auftragslage wird befürchtet, dass sich Projektverschiebungen, Investitionsstopps und Projektabsagen im Jahr 2023 allerdings fortsetzen, womit die Geschäftstätigkeit bei vielen Firmen sich im Laufe des Jahres noch deutlich eintrüben kann.