Industrieinvestitionen Steiermark und Kärnten : Zu wenig Gelder in Südösterreich verhindern größte Potenziale
Inhalt
- Investitionsklima Kärnten und Steiermark: Steuerverluste und Transformationslücke
- Steiermark-Plan für neue Wirtschaftsimpulse: Kommentar Landeshauptmann Mario Kunasek
- 400 Millionen Euro Investitionslücke – 80 Millionen an Steuern verloren
- Deindustrialisierung als Risiko für Standort Österreich
- Politik in der Pflicht: Steiermark und Kärnten fordern Maßnahmen
- Kärnten: Industrieproduktion 2024 weiter im Sinkflug

Investitionszurückhaltung der Unternehmen wirkt sich auch auf die Staatsfinanzen aus.
- © dieindustrie.at/Mathias KniepeissDie Industrieinvestitionen in der Steiermark sind um fast 10 Prozent im vorigen Jahr gesunken. So tut sich eine Investitionslücke von rund 400 Millionen Euro auf.
Joanneum Research und die Industriellenvereinigung Steiermark haben kürzlich diese Ergebnisse einer Untersuchung des Investitionsverhaltens präsentiert und bestätigt, was Wirtschaftsexpertinnen und -experten bereits prognostiziert haben. Auch die Wirtschaftsnachrichten haben im Herbst 2024 schon über die kommende „Investitionsflaute“ berichtet.
Lesen Sie hier: 7 Ideen der Grünen für Wirtschaftsstandort Steiermark und Graz
Während die Bundesregierung ein mühsam zusammengeschustertes Sparprogramm auferlegt, das die Standortbedingungen weiter verschlechtert, haben zahlreiche Betriebe in der Steiermark und auch in Kärnten den Rotstift angesetzt und Investitionen aufgeschoben oder überhaupt abgesagt.
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„Wir verpassen damit auch die Chance, uns als Weltmarktführer in Nischen zu etablieren, Wertschöpfung in der Steiermark zu generieren und zu halten“
Kurt Maier, Präsident der IV-Steiermark
Investitionsklima Kärnten und Steiermark: Steuerverluste und Transformationslücke
„Mangels sinkender Wettbewerbsfähigkeit werden wir zunehmend unattraktiv für Investitionen“, warnt Kurt Maier, Präsident der IV-Steiermark eindringlich.
„Laut unserer aktuellen Studie von Joanneum Research sank das reale Investitionsvolumen der steirischen Industrie 2023 um 4,6 Prozent, für 2024 wird ein Rückgang von 9,8 Prozent erwartet. Zu diesem Standortbefund kommt hinzu, dass Investitionen vermehrt außerhalb Österreichs getätigt werden."
Diese Investitionen sind einerseits deutlich umfangreicher und weisen andererseits ein stärkeres Wachstum auf als umgekehrt ausländische Investitionen in die Steiermark.
Damit wandert nicht nur Investitionskapital ins Ausland ab, auch das Steueraufkommen im Inland schrumpft dadurch. Direktinvestitionen in den Standort lösen nämlich eine Reihe von Steuern aus, wie z. B. Umsatzsteuer, Lohn- und Einkommenssteuern sowie Kommunalsteuern, die gerade für die finanziell sehr gebeutelten Kommunen wichtig sind.
Angesichts der digitalen und grünen Transformation müssten die Investitionen eigentlich insgesamt ansteigen. Das tun sie aber momentan nicht, was nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen langfristig beeinflussen wird, sondern auch den Standort Österreich insgesamt schwächt.
Steiermark-Plan für neue Wirtschaftsimpulse: Kommentar Landeshauptmann Mario Kunasek
In unserem Regierungsprogramm haben wir uns in der Landesregierung gemeinsame Anstrengungen auferlegt, den Wirtschaftsstandort Steiermark zu stärken. Eine erste Maßnahme dazu haben wir mit der kürzlich gestarteten Deregulierungsoffensive gesetzt.
Die gesamten Rechtsgrundlagen des Landes werden dabei gescannt und auf ihr „Entrümpelungspotenzial“ hin überprüft. Ein erstes Deregulierungsgesetz soll bereits bis zum Sommer auf den Weg gebracht werden und helfen, Hemmnisse für eine erfolgreiche Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Steiermark zu beseitigen.
Für einen solchen braucht es auch eine neue und erweiterte Partnerschaft der relevanten Stakeholder. Das Land Steiermark will dazu eine neue strategische Standortpartnerschaft einrichten.
Miteingebunden werden sollen Vertreterinnen und Vertreter aus den Sektoren Wirtschaft und Industrie, Verkehr, Energie, Arbeit sowie Wissenschaft und Forschung.
Das Ziel ist es, einen Steiermark-Plan auszuarbeiten, um die Wirtschaft mit neuen Impulsen anzukurbeln. Essenziell für den Standort ist ebenso der flächendeckende Glasfaserausbau in Zusammenarbeit mit dem Bund. Diesen wollen wir weiter vorantreiben und wieder in Schwung bringen. Damit machen wir strukturschwächere Regionen konkurrenzfähig.

400 Millionen Euro Investitionslücke – 80 Millionen an Steuern verloren
Allein für die grüne Transformation werden österreichweit bis 2040 Mehrinvestitionen in Höhe von 47 Milliarden Euro notwendig. Für die Steiermark wird ein jährlicher Investitionsbedarf von rund 4,2 Milliarden Euro ausgewiesen.
Für das Jahr 2024 gibt es demnach eine Investitionslücke von 400 Millionen Euro allein in der Steiermark.
Berechnet man anhand dieser Zahlen das erwartbare Steueraufkommen, so wird klar, wo sich der Staat wirklich das Geld für eine Budgetsanierung holen könnte. Antwort: Zwischen 15 bis 20 Milliarden Euro an Steuereinnahmen quer durch unterschiedliche Steuerarten könnte der Staat Österreich allein mit den bis 2040 benötigten Mehrinvestitionen generieren, wie die Wirtschaftsnachrichten berechnen ließen.
Allein durch die im Jahr 2024 fehlenden 400 Millionen Euro an Investitionen sind der Steiermark etwa 80 Millionen an Steueraufkommen entgangen.
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„Die Senkung der Gewerbestromtarife durch die KELAG um 22 Prozent ab April 2025 ist ein positiver regionaler Schritt. Langfristig brauchen wir aber wettbewerbsfähige europäische Industriestrompreise."
Michael Velmeden, Obmann der Sparte Industrie der WK-Kärnten
Deindustrialisierung als Risiko für Standort Österreich
Es gibt also einen klaren Zusammenhang zwischen der Investitionstätigkeit und den Steuereinnahmen bzw. dem Budgetdefizit auf Bundes- und Landesebene. Ergo müsste die Strategie der Politik darauf abzielen, Investitionen wesentlich stärker zu begünstigen.
Manifestiert sich hier eine längerfristige Entwicklung, dann setzt auch eine De-Industrialisierung ein.
„Ohne Investitionen und aktive Gestaltung droht auch unsere aktuell noch gute Basis zu erodieren. Hier heißt es gegenzusteuern, denn Investitionen sind ein wichtiger Motor für den Standort – gerade in Zeiten weitreichender Transformationen“, fordert IV-Präsident Maier.
Denn ein Mangel an Investitionen in die digitale und grüne Transformation (Twin Transition) gefährde laut Maier die Zukunftsfähigkeit des Industriestandorts Steiermark.
„Wir verpassen damit auch die Chance, uns als Weltmarktführer in Nischen zu etablieren, Wertschöpfung in der Steiermark zu generieren und zu halten. Industrieinvestitionen haben schließlich auch weitreichende Effekte bis weit ins lokale Gewerbe und Handwerk hinein“, so Maier.
Politik in der Pflicht: Steiermark und Kärnten fordern Maßnahmen
Generell habe die Steiermark eine gute Ausgangslage, um Investitionen anzuziehen. Die Industrie fordert aber von der Politik einerseits die Standortpartnerschaft umzusetzen und auch den Energiemasterplan voranzutreiben. Gegen die hohen Energiekosten hätte die Politik jedenfalls einen Hebel in der Hand.
Der neue steirische SPÖ-Chef Max Lercher betont: „Dass die Strompreise überhaupt gesenkt werden, ist nur möglich, weil das Land zu 100 Prozent Eigentümer der Energie Steiermark ist. Ein Verkauf der Anteile, um Budgetlöcher zu stopfen, wäre daher auf lange Sicht sehr fahrlässig.“
Auch NEOS-Landeschef Niko Swatek fordert: „Die Landesregierung muss endlich den Reformstau auflösen. Weniger Bürokratie, schlankere Verwaltung und saubere Finanzen statt neuer Schulden.“ Lesen Sie hier sämtliche Ideen von Niko Swatek für die Steiermark!
Kärnten: Industrieproduktion 2024 weiter im Sinkflug
Auch in der Kärntner Industrie sind die Zahlen erschreckend, die Lage dramatisch. Nach den jüngsten Einbrüchen ist die Industrieproduktion 2024 um weitere 6,2 Prozent gesunken, wie die Wirtschaftskammer Kärnten bekannt gab.
Österreichweit gab es um 128 Milliarden Euro weniger neue Fertigungsaufträge als noch im Jahr zuvor.
Besonders betroffen sind die Branchen Fahrzeugindustrie, Bergwerk und Stahl sowie Elektro- und Elektronikindustrie. Das alles sind energieintensive Branchen, die aufgrund der hohen Energiekosten nicht mehr kostendeckend arbeiten können.
„Auch wir in Kärnten haben längst die Alarmstufe Rot erreicht“, sagt Michael Velmeden, Obmann der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Kärnten. Auch er sieht die Investitionstätigkeit in Kärnten inzwischen kritisch. „Das Investitionsklima in Kärnten ist derzeit angespannt. Hauptgründe sind hohe Energiepreise, steigende Lohnkosten und eine schwache Konjunktur. Diese Faktoren führen dazu, dass Unternehmen Investitionen zurückhalten oder ins Ausland verlagern."
Würde sich dieser Rückgang fortsetzen, drohe das Potenzial der Koralmbahn und der AREA SÜD ungenutzt zu bleiben. Velmeden warnt daher: „Ohne aktive Standortpolitik könnten diese Infrastrukturprojekte ihre wirtschaftliche Wirkung verfehlen.“
Wettbewerbsfähige Energiepreise sieht auch er als wichtige Voraussetzung für attraktive Standortbedingungen neben schnelleren Genehmigungsverfahren und Investitionen in F&E, Fachkräftesicherung und Digitalisierung.
„Die Senkung der Gewerbestromtarife durch die Kelag um 22 Prozent ab April 2025 ist ein positiver regionaler Schritt. Langfristig brauchen wir aber wettbewerbsfähige europäische Industriestrompreise“, fordert Velemden.
Forschung sei zudem ein Schlüssel für wirtschaftlichen Erfolg: „Kärnten verfügt zwar über starke Forschungsbereiche wie Mikroelektronik, Umwelttechnik und Kreislaufwirtschaft. Dennoch sind die Investitionen in Forschung im Vergleich zu anderen Bundesländern geringer.“
Rechnet man Infineon heraus, sieht man sogar einen noch größeren Aufholbedarf. Auch müsse Forschungsförderung mehr in den KMU-Bereich hinein, so Velmeden. Denn: die Kärntner Industrie ist mittelständisch geprägt.
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