Standortmanagement : Handel in Österreich: Wels boomt, während Städte mit Leerstand kämpfen
Inhalt
- Strukturwandel im österreichischen Handel
- Onlinehandel, Polarisierung und sinkende Verkaufsflächen
- Zukunft des stationären Handels
- Fachmarktzentren am Stadtrand: Herausforderung für Innenstädte
- Hoffnungsträger Drogeriewaren und lokale Erfolgsbeispiele
- Fazit: Stadtzentren unter Druck, aber nicht ohne Perspektiven

Während Wels mit einer Vermietungsquote von 97,3 % als Musterbeispiel für erfolgreiches Standortmanagement gilt, kämpfen viele andere Städte mit steigenden Leerständen.
- © lexpixelartDie jüngste Erhebung des City-Retail-Report Österreich 2024/25 von Standort + Markt zeigt, wie unterschiedlich sich die Handelslandschaft in Österreichs Städten entwickelt.
Wels gilt mit einer Vermietungsquote von 97,3 % als Musterbeispiel für erfolgreiches Standortmanagement. Gleichzeitig kämpfen viele andere Städte mit steigenden Leerständen.
Besonders betroffen sind Kleinstädte mit Leerstandsquoten von bis zu 15,6 %, während in den 24 größten Innenstadtbereichen die Quote auf 5,5 % gestiegen ist. Die Hauptgründe: eine veränderte Angebotsstruktur, der wachsende Einfluss des E-Commerce und eine rückläufige Nachfrage nach traditionellen Einzelhandelsflächen.
Auch die wirtschaftliche Entwicklung schlägt sich nieder. Trotz eines nominellen Anstiegs der Haushaltsausgaben um 1,7 Prozent im Jahr 2024 fiel das reale Konsumniveau – bereinigt um die Inflation – erneut.
„Eine steigende Sparquote der österreichischen Bevölkerung spiegelt sich in rückläufigen Umsätzen des Handels wider“, sagte Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands.
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Trotz des allgemeinen Rückgangs der Verkaufsflächen konnte sich Wels als stabiler Standort behaupten. Die Stadt weist nicht nur eine der niedrigsten Leerstandsquoten Österreichs auf, sondern verzeichnet auch steigende Besucherfrequenzen (+3,25 %).
Strukturwandel im österreichischen Handel
Laut dem Report hat sich die Angebotsstruktur in den Innenstädten in den letzten Jahren drastisch verändert:
- Modeflächen schrumpfen: In den letzten zehn Jahren verlor der Bekleidungssektor allein in Primär- und Sekundärstädten 123.000 m², ein Rückgang von 20 %.
- Lebensmittelhandel wächst: Während klassische Einzelhandelsflächen rückläufig sind, gewinnen Nahversorgungsbetriebe an Bedeutung.
- Gastronomie zeigt erste Sättigungsanzeichen: Während Restaurants und Cafés in den letzten Jahren als Hauptprofiteure der Handelsflächenentwicklung galten, zeichnet sich nun eine Verlangsamung des Wachstums ab.
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Onlinehandel, Polarisierung und sinkende Verkaufsflächen
Der Online-Handel bleibt ein zentraler Faktor für die Veränderung im Einzelhandel. Der Onlineanteil stieg 2024 auf 12,3 Prozent. Besonders asiatische Billig-Plattformen wie Temu oder Shein setzen den stationären Handel unter Druck.
„Der Konsum wird immateriell“, beobachtet Rainer Will. Erlebnisse, Freizeit und persönliche Dienstleistungen gewinnen an Bedeutung, während klassische Warengruppen an Relevanz verlieren. Rund 54 Prozent der Konsumausgaben flossen zuletzt in Dienstleistungen, nur noch 35 Prozent in Wareneinkäufe.
Ein weiterer Trend ist die Polarisierung zwischen Diskont und Premium. Das mittlere Preissegment verliert zunehmend an Boden. Diese Entwicklung wirkt sich direkt auf die Verkaufsflächen aus: Sie schrumpfen jährlich um bis zu 2,5 Prozent. Der Flächenanteil des Einzelhandels in den Innenstädten ist seit 2014 von 72,8 auf 65,5 Prozent gesunken.
Zukunft des stationären Handels
Die Daten deuten darauf hin, dass Innenstädte ohne umfassende Transformationsstrategien weiter an Attraktivität verlieren könnten. Standort + Markt empfiehlt einen „geordneten Rückzug“ aus nicht mehr vermietbaren Flächen und eine stärkere Multifunktionalität der Städte.
Wels gilt hierbei als Best-Practice-Beispiel: Die Stadt kombiniert aktives Flächenmanagement mit gezielten Maßnahmen zur Standortbelebung. Sie setzt dabei auf eine Mischung aus inhabergeführten Fachgeschäften, Filialisten und einem diversifizierten Branchenmix.
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Leerstand in Wien: Mariahilfer Straße und B-Lagen unter Druck
Die Entwicklung in Wien bestätigt die Studienergebnisse. Der EHL Retail Properties Market Report 2024/25 weist für die Mariahilfer Straße einen Leerstand zwischen 6,2 und 7,7 Prozent aus.
Die Geschäftsflächen werden kleiner, der Anteil von Gastronomie steigt. Laut Wirtschaftskammer Wien standen im April 2025 über 300 Geschäftslokale leer – weniger als 2019, aber der Trend bleibt kritisch.
Besonders betroffen sind B-Lagen wie die Schönbrunner Straße.
„Seit 2022 sehen wir in Wien eine Verdopplung der Geschäftslokale, die zum Kauf angeboten werden“, so Markus Kitz-Augenhammer von der Immobilienrendite AG.
Fachmarktzentren am Stadtrand: Herausforderung für Innenstädte
Während in den Stadtzentren die Leerstände steigen, wachsen an den Stadträndern neue Fachmarktzentren. Beispiele wie Enns zeigen: Ein FMZ verdrängte zunächst Geschäfte im Stadtzentrum, wurde dann aber selbst durch ein neues Zentrum in der Nähe unter Druck gesetzt.
„Sobald etwas nicht mehr neu und glänzend ist, zieht die Karawane weiter und hinterlässt Leerstand“, kommentiert Mathias Mühlhofer von der Immobilienrendite AG.
Die Lösung in Enns: Sanierung und Repositionierung als Ennscenter mit Gastronomie und Einzelhandel.
In St. Pölten wurde ein Einkaufszentrum in der City durch gezielte Maßnahmen wiederbelebt. Entscheidender Erfolgsfaktor: eine Tief- und Hochgarage.
„Wie unsere repräsentative Integral-Umfrage zeigt, ist Parkraum essenziell“, betont Vorstand Michael Rajtora.
Hoffnungsträger Drogeriewaren und lokale Erfolgsbeispiele
Trotz Herausforderungen gibt es Lichtblicke. Die Ausgaben für Drogeriewaren stiegen 2024 um 3,9 Prozent auf 7,4 Mrd. Euro.
Andrea Hiotu von dm Österreich berichtet: „Die Ausgaben für Körperpflege und Kosmetik stiegen um 4 Prozent auf 3,1 Mrd. Euro.“
Auch kreative Lösungen zeigen Wirkung. In Asten wurde ein FMZ ins Zentrum integriert, wodurch die umliegende Stadtentwicklung neuen Schwung erhielt. Und das Beispiel Bad Münstereifel in Deutschland zeigt, dass auch Innenstädte als City-Outlets erfolgreich funktionieren können.
Kitz-Augenhammers Fazit: „Es gibt kein Patentrezept gegen Leerstand. Je nach Ort und lokalem Angebot funktioniert jeweils ein anderer Mix.“

Fazit: Stadtzentren unter Druck, aber nicht ohne Perspektiven
Der Strukturwandel im Einzelhandel schreitet weiter voran – getrieben von veränderten Konsumgewohnheiten, dem Vormarsch des Online-Handels und wirtschaftlichen Herausforderungen.
Doch es gibt auch funktionierende Gegenstrategien: kreative Nutzung von Leerständen, Integration von Nahversorgung und Freizeitangeboten, gezielte Infrastrukturmaßnahmen. Ob Wels, Asten oder Bad Münstereifel – die Zukunft der Innenstädte ist offen.
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