Infrastrukturprojekte Wien : Ohne Infrastruktur keine Standortsicherheit

Wien, Österreich, bei Sonnenuntergang

Wien und sein „Speckgürtel“ sind gut aufgestellt, dennoch besteht Bedarf an zusätzlichen zeitgemäßen Maßnahmen, um den Wohlstand zu erhalten.

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Regionale und grenzüberschreitende Infrastruktur ist der Schlüssel für eine gesunde Volkswirtschaft: von der Logistik, dem Transport über die Energie bis zu den Daten für die Digitalisierung.

Wien und sein „Speckgürtel“ sind gut aufgestellt, dennoch besteht Bedarf an zusätzlichen zeitgemäßen Maßnahmen, um den Wohlstand zu erhalten.

Mit dem Pilot-Projekt „Zero Emission Transport“ der Wirtschaftskammer Wien ist der Startschuss für einen großflächigen emissionsfreien Gewerbeverkehr in Wien gefallen. „Wir sehen vor allem die Chancen, die Green Economy bietet“, meint Walter Ruck, Präsident der WK Wien. „Mit dem Projekt Zero Emission Transport wollen wir die Möglichkeiten aber auch die Herausforderungen eines emissionsfreien Lieferverkehrs in der City sichtbar machen.“ 32 Unternehmen verpflichten sich derzeit im Rahmen des Projekts, emissionsfrei in den ersten und zweiten Wiener Gemeindebezirk zu fahren.

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Wien Energie bietet den Teilnehmern an, E-Ladesäulen in den Ladezonen nach Wahl zu installieren. So kann die Zeit während der Ladetätigkeit auch zum Stromtanken genutzt werden und die Unternehmen haben eine E-Lademöglichkeit direkt vor Ort.

Emissionsfrei: Unternehmen handeln aus Überzeugung

„In Graz, Innsbruck und Salzburg haben wir bereits erfolgreich gezeigt, dass eine CO2-freie Zustellung in Städten möglich ist und treiben nun auch in Wien die grüne Logistik weiter voran. Bis Ende 2024 wollen wir im ersten und zweiten Bezirk unsere Zustellflotte so umrüsten, dass wir alle Pakete, Briefe, Printmedien und Werbesendungen auf der letzten Meile CO2-frei zustellen können. Bis Ende 2025 werden wir sogar in ganz Wien CO2-frei zustellen“, verspricht Peter Umundum, Vorstandsdirektor für Paket & Logistik, Österreichische Post AG.

Persönliche Gründe waren der Anstoß für Margarete Landertshammer, Geschäftsführerin des Sicherheits- und Bewachungsdiensts Hel-Wacht, sofort bei diesem Projekt mitzumachen: „Mir liegen der erste und zweite Bezirk besonders am Herzen, da ich hier aufgewachsen bin. Als Mutter ist es mir ein Anliegen, dass wir unseren Kindern eine sichere und gesunde Zukunft übergeben.“

„Zero Emission Transport“ verpflichtet Unternehmen, emissionsfrei in den ersten und zweiten Bezirk einzufahren. Michael Ludwig, Bgm. Wien, Margarete Landertshammer, GF Hel-Wacht, Peter Umundum, Vorstand für Paket & Logistik, Österreichische Post AG und Walter Ruck, WKW-Präsident.

- © Florian Wieser

Pflanzlicher Diesel HVO 100

Auch der synthetische Dieselersatz HVO 100, der bis zu 90 Prozent weniger CO2-Emissionen verursacht, ist für Betriebe eine zukunftsweisende Infrastrukturinvestition. HVO 100 steht für 100 Prozent hydrotreated vegetable oil, auf Deutsch: „hydriertes Pflanzenöl“.

Im Vergleich zu herkömmlichem Diesel verursacht es durch seine Herstellung bis zu 90 Prozent weniger CO2-Emissionen, 33 Prozent weniger Feinstaub und 24 Prozent weniger Kohlenmonoxid. Dieser synthetische Kraftstoff wird auch aus Altöl und Altspeisefett hergestellt, und ist mittlerweile frei von frischem Palmöl. Weitere Vorteile sind, dass HVO 100 bereits jetzt bei Großhändlern und an einigen Tankstellen erhältlich ist, und dass grundsätzlich alle Diesel-Motoren es ohne Umrüstung verwenden können.

Davor Sertic, Obmann der Sparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Wien fordert auch die Unterstützung durch die Politik: „HVO 100 ist zumindest eine Brückentechnologie, die uns ohne große Investitionskosten sofort und massiv bei Emissionsreduzierungen hilft. Um HVO 100 flächendeckend in Österreich attraktiv zu machen, braucht es politische Unterstützung und optimale Rahmenbedingungen. Beispielsweise indem der aktuell etwas höhere Literpreis von HVO 100 als Klimamaßnahme gestützt und an den herkömmlichen Dieselpreis angeglichen wird.“

„Wir sehen, wie wichtig es ist, technologieoffen zu sein. Denn dort, wo Elektromobilität noch nicht möglich ist – etwa im Fernverkehr und im Schwerverkehr – ist HVO 100 aktuell eine hervorragende Lösung, die auch den Wunsch vieler Kunden nach mehr Nachhaltigkeit erfüllt,“ ergänzt Wolfgang Böhm, Obmann der Fachgruppe Transporteure in der WK Wien.

„Wir brauchen rasche aber wirtschaftlich und sozial verträgliche Lösungen, um unsere Klimaziele zu erreichen“, sind sich die beiden Unternehmer und Interessenvertreter Wolfgang Böhm, Obmann der Fachgruppe Transporteure in der WK Wien sowie Davor Sertic, sowie Obmann der Sparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Wien, einig.

- © Florian Wieser

Energieinfrastruktur als Standortpolitik

Eine klare und zukunftsorientierte Energieinfrastruktur ist auch für den Wirtschaftsstandort Niederösterreich entscheidend. Vor dem Hintergrund der Wettbewerbsfähigkeit und des notwendigen Umbaus der Energiewirtschaft sind dringende Finanzierungsmodelle notwendig.

Die APG (Austrian Power Grid) rechnet allein für das Übertragungsnetz mit notwendigen Investitionen in Höhe von neun Milliarden Euro. Gerade am Windkraftausbau zeigt sich die Problematik noch deutlicher:

„60 Prozent des gesamten österreichweiten Windkraftausbaus kommt aus Niederösterreich. Es kann nicht sein, dass wir mehr als die Hälfte des Windausbaus stemmen und gleichzeitig die hohen Kosten des Netzausbaus durch die derzeitigen Regelungen tragen müssen. Vorreiter in der Klimapolitik und bei erneuerbaren Energien, wie Niederösterreich, werden damit stark benachteiligt“, zürnt Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer NÖ (WKNÖ).

„Wir müssen die Finanzierung des Ausbaus der Netzinfrastruktur so gestalten, dass die Strompreise durch zusätzliche Netzkosten und Abgaben nicht erhöht werden. Es braucht daher neue Finanzierungsmodelle, wie zum Beispiel beim Bahn- und Straßenbau“, fordert Ecker und hält fest: „Eine faire Verteilung der anfallenden Kosten bringt eine sichere und planbare Finanzierung der Investitionen und schafft Anreize, dass auch unsere Betriebe weiter in erneuerbare Energien investieren.“

Netzausbau ist Schlüssel zur Energiewende

Auch aus Sicht der Industrie ist der Netzausbau und die damit verbundene Frage der Finanzierung von entscheidender Bedeutung. „Wenn wir die industrielle Produktion dekarbonisieren wollen, dann ist die rasche Umsetzung des Netzausbaus die Basis.

Denn die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Industriebetriebe hängt von einer stabilen Versorgung und konkurrenzfähigen Energiekosten ab“, so IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner und warnt: „Denn an jedem Tag, an dem die Energiekosten in Europa zu hoch sind, die Netze nicht erweitert werden und erneuerbaren Energiequellen nicht sinnvoll eingebunden werden, verlieren die Unternehmen an Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze werden gefährdet.“

Ergänzend stellt Ochsner fest: „Der Netzausbau ist der Schüssel zur Energiewende und ein Generationenprojekt, das die Versorgungssicherheit in der Zukunft gewährleistet. Wesentlich für das Gelingen ist die Kostenübernahme des Ausbaus der Netzinfrastruktur durch den Staat und nicht die Umlage auf die industriellen oder privaten Verbraucher. Entscheidend für das Gelingen wird auch eine massive Beschleunigung der Genehmigungsverfahren sein.“

Bernhard Gerhardinger (Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik der WKNÖ), Franz Angerer (Geschäftsführer Österreichische Energieagentur), IV-NÖ-Präsident Kari Ochsner, WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker und Christoph Pinter (Standortanwalt in Niederösterreich)

- © Wagner Tanja

Hälfte des Sonnenstroms aus Wiener Betriebsgebieten

In den Wiener Betriebsgebieten stellen die Unternehmen mit 558 PV-Anlagen 53 Prozent aller in Wien produzierten Sonnenstromleistungen her, die rund 88 MWp (Megawatt Peak) Sonnenstrom produzieren.

Diese Menge entspricht 53 Prozent des gesamten Wiener Sonnenstroms und man könnte damit den Strombedarf von knapp über 25.000 Haushalten decken. Die auf diese Weise erzielten jährlichen Einsparungen an CO2-Emissionen, betragen fast 19.900 Tonnen. Die Vienna Business Districts (VBDs) sind ein Gemeinschaftsprojekt der Wirtschaftskammer Wien, der Stadt Wien und der Wirtschaftsagentur Wien.

„Seit 2020 hat sich die gesamt installierte Sonnenstrom-Leistung in den Vienna Business Districts auf 88 MWp vervierfacht“, erklärt Stefan Ehrlich-Adám, Obmann der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Wien. „Daran sieht man, dass die Erhaltung und Errichtung von ausreichend Betriebsflächen nicht nur Arbeitsplätze und Wertschöpfung schaffen, sondern auch der Umwelt helfen. Denn Betriebsflächen und -gebäude bieten in großem Stil Platz für Klimaschutzmaßnahmen wie etwa die Installation von PV-Anlagen.“

„Das Vienna Business District Management unterstützt mehr als 6.000 Unternehmen in den 33 Betriebsgebieten Wiens bei all ihren Anliegen zu Standortfragen“, so Stefan Ehrlich-Adám, Obmann der Sparte Industrie in der Wirtschaftskammer Wien.

- © Florian Wieser

Dateninfrastruktur für eine digitale Zukunft

Im Zeitalter des digitalen Wandels sind Daten ein wertvoller „Rohstoff“, ohne die eine Industrie 4.0 nicht denkbar wäre. Als erstes Bundesland hat Niederösterreich ein Gesamtkonzept entwickelt, das neben den 350.000 Haushalten im städtischen Bereich, auch die insgesamt 450.000 Haushalte im ländlichen Raum Zugang zum Breitbandinternet verschafft.

Die passive Infrastruktur bleibt ähnlich wie Kanalisation und Wasserleitungen langfristig mehrheitlich in der Hand des Landes Niederösterreich und wird als Sachwert den zukünftigen Generationen übergeben. Die Investitionen amortisieren sich im Laufe der Zeit, da über ihre aktive Nutzung Einnahmen erzielt werden. Derzeit bieten 22 Serviceprovider ihre Dienste gleichzeitig in dem offenen Netz an.

Ziel ist eine möglichst flächendeckende Versorgung mit gigabitfähigen Anschlüssen bis ins Jahr 2030. Und Niederösterreich ist auf einem guten Weg: In über 160 ländlichen Gemeinden engagiert sich die landeseigene Niederösterreichische Glasfaserindustrie (nöGIG) - entweder direkt oder als Partner für gemeindeeigene Projekte - im Ausbau von Glasfasernetzen.

Im strukturschwächeren Waldviertel hat nöGIG bereits über ein Drittel aller ländlichen Gemeinden mit der NÖ Glasfaser erschlossen. Diese Gemeinden profitieren bereits heute massiv von der Stärkung als Wirtschaftsstandort, der Sicherung heimischer Arbeitsplätze sowie vom Zuzug neuer Familien.

Als größter Fördernehmer Niederösterreichs sorgt nöGIG mit Investitionen von rund 100 Millionen Euro jährlich – neben den langfristigen Vorteilen – auch für Beschäftigung in der Bauwirtschaft und Zuliefererindustrie. Damit bleibt die Wertschöpfung überwiegend in Niederösterreich.

Internet in Bukarest doppelt so schnell wie in Wien

Die Bundeshauptstadt macht sich seit Jahren für eine optimale Breitbandversorgung stark. Mittlerweile ist eine schnelle und verlässliche Internetverbindung für viele Betriebe ebenso wichtig, wie der Zugang zu Strom und Wasser. Ohne leistungsstarke digitale Infrastruktur verzögert sich auch die Implementierung von KI und das schwächt den Standort nachhaltig. Der Ausbau des Glasfasernetzes in Wien hat deshalb oberste Priorität“, betont Martin Heimhilcher, Obmann der Sparte Information und Consulting der Wirtschaftskammer Wien.

Der Versorgungsgrad mit Breitbandanschlüssen in der Bundeshauptstadt beträgt 97,3 Prozent. Jedoch sind 65 Prozent der Anschlüsse nicht gigabitfähig und nur 20 Prozent der Festnetzbreitbandanschlüsse beruhen auf Glasfaserleitungen bis zum Gebäude. Beim Speedtest Global Index liegt Wien weltweit nur an 57. Stelle mit 107,52 MBit/s. Schnellste europäische Hauptstadt – und doppelt so schnell wie Wien – ist Bukarest, das mit 228,73 MBit/s auf Platz 7 liegt.

„Eine gute Breitbandanbindung ist ein Schlüsselelement für die effektive Nutzung und Entwicklung von KI-Technologien,“ ist Martin Heimhilcher, Obmann der Sparte Information und Consulting der Wirtschaftskammer Wien, überzeugt.
„Eine gute Breitbandanbindung ist ein Schlüsselelement für die effektive Nutzung und Entwicklung von KI-Technologien,“ ist Martin Heimhilcher, Obmann der Sparte Information und Consulting der Wirtschaftskammer Wien, überzeugt. - © WKW Florian Wieser