Lohnnebenkosten Österreich : Industrie Tirol: IV-Präsident Kloger fordert Entlastung bei Energie, Lohnkosten & Bürokratie

Das Präsidium der IV Tirol (Karlheinz Wex, Gabriele Punz-Praxmarer, Max Kloger und Edi Fröschl) mit Gastgeber Roland Gander (zweiter von rechts), Geschäftsführer des Novartis Campus Kundl und Schaftenau
- © IV Tirol / FrischaufBeim Industrieempfang der IV Tirol bei Novartis Österreich hat IV-Tirol-Präsident Max Kloger deutliche Worte zur wirtschaftlichen Lage gefunden.
Er forderte strukturelle Entlastungen bei Energie- und Arbeitskosten sowie einen klaren Bürokratieabbau – damit Tiroler Unternehmen wieder investieren, Arbeitsplätze schaffen und im globalen Wettbewerb bestehen können.
„Österreich droht ins Abseits zu geraten“ – mit dieser Warnung eröffnete Kloger seine Rede am Abend des 13. Mai 2025. „Österreich ist laut Internationalem Währungsfonds 2025 das einzige Industrieland Europas, das nicht wächst. Nach drei Jahren Rezession steht uns ein weiteres verlorenes Jahr bevor – mit dramatischen Folgen für unsere Wettbewerbsfähigkeit, Marktanteile und Arbeitsplätze.“
Bereits zuvor hatte Wirtschaftslandesrat Mario Gerber in seinen Grußworten auf die strategische Bedeutung der Industrie Tirol für Beschäftigung und Wohlstand in der Region hingewiesen.
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Die Tiroler Industrie hat einen Anteil von 38,9 Prozent an der Bruttowertschöpfung und stellt über 40.000 Arbeitsplätze. Jedoch belasten eine Kostenexplosion bei den Lohnstückkosten, überbordende Bürokratie und volatile Energiepreise die Betriebe massiv.
Hohe Energiepreise belasten Standort Tirol
Ein zentrales Thema beim Empfang war die Energiepolitik. Kloger forderte eine rasche Einführung einer gesetzlich abgesicherten Strompreiskompensation für energieintensive Unternehmen.
„Wir sind europaweit Schlusslicht bei der Wettbewerbsfähigkeit – auch weil wir unseren Unternehmen im internationalen Vergleich deutlich höhere Strompreise zumuten. Fast alle anderen EU-Länder haben längst Entlastungsmechanismen etabliert. Wer das weiter blockiert, gefährdet nicht nur Investitionen, sondern auch unsere industrielle Basis.“
Die IV Tirol drängt daher auf politische Klarheit. Trotz angespannter Haushaltslage müsse die Bundesregierung Spielräume schaffen, um eine dauerhafte Strompreisentlastung zu ermöglichen – und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie Tirol nachhaltig zu stärken.

Lohnkosten und Sozialpartnerschaft im Fokus
Auch die Entwicklung der Arbeitskosten war Thema. Kloger verwies auf die deutlich gestiegenen Lohnstückkosten.
„Allein in den letzten zwei Jahren haben Tirols Industriebetriebe über 400 Millionen Euro mehr für Löhne und Gehälter ausgezahlt, ohne Sonderzahlungen – ein brandgefährlicher Mix in Kombination mit den hohen Energiekosten.“
Die IV Tirol plädiert für einen Entlastungspfad, der eine Senkung der Lohnnebenkosten um fünf Prozent vorsieht. Gleichzeitig sprach sich Kloger für verantwortungsvolle Kollektivvertragsverhandlungen aus.
„Wir brauchen heuer KV-Abschlüsse mit Augenmaß und einen Schulterschluss zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern. In manchen Branchen wird ein Abschluss unter der Inflation nötig sein, um Beschäftigung zu sichern und Spielräume für Investitionen zu schaffen.“
Bürokratieabbau als Voraussetzung für Investitionen
Die Standortpolitik Tirols sieht sich laut Kloger zunehmend durch Regulierungsdruck eingeschränkt. „Unsere Betriebe geben bis zu 15 Milliarden Euro jährlich für die Erfüllung bürokratischer Vorgaben aus. Das ist nicht nur ineffizient, sondern gefährlich – weil es Handlungsspielräume für Zukunftsinvestitionen vernichtet.“
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Die IV Tirol fordert daher konkrete Maßnahmen: verbindliche Verfahrensfristen, vollständig digitale Verwaltungsprozesse sowie ein Ende der Überregulierung durch sogenanntes Gold Plating bei EU-Vorgaben.
Agenda-Austria-Ökonom Jan Kluge unterstützt diese Forderungen mit einem Vortrag, in dem er u. a. einen Bürokratiekostenindex und die Umsetzung der geplanten Deregulierungsoffensive anregte.
Planungssicherheit für Investitionen in der Tiroler Industrie
Roland Gander, Geschäftsführer des Novartis Campus Kundl und Schaftenau, gab einen Einblick in die Entwicklung des Standorts.
Er unterstrich: „Die Innovationskraft in Österreich ist groß – aber sie darf nicht an regulatorischer Komplexität und fehlender Planungssicherheit scheitern. Wer Investitionen will, muss Klarheit schaffen.“
Novartis zählt mit über 3.300 Mitarbeitenden zu den größten privaten Arbeitgebern Tirols und hat in den letzten zwei Jahren über 200 Millionen Euro in den Standort investiert.
Wettbewerbsfähigkeit als wirtschaftspolitische Kernaufgabe
Zum Abschluss rief Kloger die Bundesregierung zum Handeln auf: „Niemand erwartet Wunder. Aber wer auf Zeit spielt, riskiert, dass unser Standort noch weiter ins Hintertreffen gerät. Was wir brauchen, ist nicht ein weiteres Strategiepapier, sondern die Umsetzung längst bekannter Maßnahmen: bezahlbare Energie, weniger Lohnnebenkosten, ein Bürokratiesystem mit Hausverstand – und der Mut, neue Märkte zu erschließen. Es geht nicht um kurzfristige Schlagzeilen. Es geht um die nachhaltige Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, die Sicherung tausender Arbeitsplätze und letztlich: um die Zukunft des Erfolgsmodells Industrie in Tirol und Österreich.“
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