Internationale Unternehmen Österreich : Unternehmensstandort: Wien ist besser als sein Ruf
Inhalt
- Österreich und Deutschland nicht in Top-10
- Österreich knackt 400er-Marke
- Österreich als Tor zum europäischen Markt
- Wien ist Headquarter-Winner
- Unternehmen in Österreich: Branchenvielfalt trifft auf Innovationskraft
- Warum bleibt Wien interessant für Unternehmen?
- Serviceroboter erobern Europa von Wien aus
- Wien: 25.000 Arbeitsplätze dank ausländischer Unternehmen
- In Kürze: Studie ‚Headquarters in Austria‘
In zwei Jahren wird ein Trend in Österreich angekommen sein, meint Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer: die große Abwanderung von Unternehmen. Eine Deloitte-Studie im Auftrag der WKÖ kommt zum Ergebnis, dass 41 Prozent der Unternehmen bereits Teile der Produktion ins Ausland verlegt haben.
„Österreich preist sich aus dem Markt. Das ist ein Zug, der Fahrt aufnimmt,“ warnt Mahrer.
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Deutschland macht es bereits vor: Namhafte Unternehmen verlassen das Land. Zwei Drittel der deutschen Betriebe haben in den letzten drei Jahren Wertschöpfung ins Ausland verlagert. Nicht bloß, um in Staaten mit geringeren Lohnkosten fertigen zu lassen; sondern sie verlegen ihre Forschungsagenden in Länder, von denen sie sich mehr erwarten.
Big Player wie der Automobilproduzent Ford entwickelt seine Fahrzeuge mit Elektroantrieb nun in den USA. Dort ist Energie spottbillig, die Regierung unternehmerfreundlich, die Ausbildung in den Universitäten praxistauglich und die Arbeitswille der Fachkräfte vom Leistungsgedanken getragen.
Der Mainzer Pharmakonzern Biontech verlagerte die Krebsforschung, eine zukunftsträchtige Sparte, nach Cambridge. Sein Leverkusener Branchenkollege Bayer erforscht neue Zell- und Gentherapien künftig in den Vereinigten Staaten.
Österreich und Deutschland nicht in Top-10
Deutschland wie auch Österreich haben in punkto Standortqualität nachweislich verloren. Das lässt sich an den internationalen Standort-Rankings unschwer ablesen. Keines der ehemals wirtschaftlich prosperierenden Länder findet sich nun mehr unter den Top-10.
Nicht ausschließlich der amerikanischen Affinität zu Irland wegen hat Google sein Europäisches Headquarter im Herzen der Dubliner Docklands aufgeschlagen. Diese Unternehmenszentrale dient als Vertriebs- und Finanzzentrum für Europa, den Nahen Osten und Afrika. Die Nähe zu bereits angesiedelten digitalen Unternehmen, ein attraktives Steuersystem, eine junge, technisch qualifizierte Belegschaft und die Tatsache, dass in Irland Englisch gesprochen wird, waren wohl ausschlaggebend.
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Den erfolgreichen Wiener Weg, der Ansiedlungspolitik in der Bundeshauptstadt verfolgt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke konsequent.
„Unseren Ruf als Spitzenstandort stärken wir auch durch eine große internationale Offensive mit mehreren Kampagnen und mit einer eigenen Website.“
Österreich knackt 400er-Marke
Allen Wirtschaftskrisen und Unkenrufen zum Trotz, gelingt es Österreich – und allen voran Wien – mehr internationale Unternehmen an Land zu ziehen als vermutet.
„Österreich hat seine Position als bevorzugter Standort für internationale Unternehmenszentralen weiter gefestigt,“ so das Resümee der aktuellen Studie „Headquarters in Austria" der Wirtschaftsuniversität Wien mit Unterstützung der Austrian Business Agency (ABA) und der Wirtschaftsagentur Wien.
Internationale Headquarters haben in Österreich erstmals die 400er Marke geknackt. Somit beherbergte die Alpenrepublik im Jahr 2023 insgesamt 412 Unternehmenszentralen. Das entspricht einem Plus von 22 Firmenzentren und einem Anstieg von fast sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Eingerechnet der Headquarters heimischer Betriebe macht das mehr als 1.500 Unternehmenszentralen mit einem durchschnittlichen Umsatz von 392 Millionen Euro pro Jahr. Die internationalen Headquarters allein generieren im Durchschnitt einen Jahresumsatz von 278 Millionen Euro.
Österreich als Tor zum europäischen Markt
„Internationale Unternehmen spielen eine essenzielle Rolle in unserer Wirtschaft und tragen jährlich mehr als ein Viertel zum BIP Österreichs bei“, erklärt Martin Kocher. „Als Arbeits- und Wirtschaftsminister freut es mich, dass Österreich seine Position als beliebter Standort für internationale Unternehmenszentralen weiter festigen kann.
Unsere stabilen Verhältnisse und das unternehmensfreundliche Umfeld tragen maßgeblich dazu bei, dass Österreich als ein Tor zum europäischen Markt wahrgenommen wird. Auch die attraktiven Rahmenbedingungen im Bereich von Investitionen sowie F&E-Aktivitäten machen Österreich zu einem idealen Umfeld für internationale Unternehmen.“
Wien ist Headquarter-Winner
Der Großteil der internationalen Headquarters sitzt in Wien. Die Anzahl von 183 Unternehmenszentralen entspricht einem Anteil von rund 45 Prozent aller Niederlassungen in Österreich. Große und renommierte Unternehmen wie Boehringer Ingelheim, Henkel, Takeda und die BMW Group haben ihre regionalen oder divisionalen Headquarters in der Bundeshauptstadt etabliert.
Als wichtigste Gründe für die Attraktivität Wiens führt die Studie neben der guten Ausrichtung in Richtung osteuropäischer Märkte die außerordentliche Lebensqualität und die Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Fachkräften an.
„Wien zieht nicht nur neue Firmenzentralen an, viele etablierte Headquarters bauen ihre Zentralen kontinuierlich aus. Das kommt nicht von ungefähr, sondern ist auch Folge einer konsequenten und aktiven Wirtschaftspolitik. Wir denken in Wien Wirtschaft und Arbeit als Einheit, das schätzen auch internationale Unternehmen. Die Ergebnisse der Studie sind eine erneute Bestätigung für die Qualität, die die Unternehmen am Standort Wien vorfinden“, betont Wirtschafts- und Finanzstadtrat Peter Hanke.
Ein Aspekt der Studie verdeutlicht die globale strategische Anziehungskraft der multinationalen Betriebe in seiner geografischen Ausrichtung. Deutschland mit 133, die USA mit 41 und die Schweiz mit 40 Unternehmenszentralen sind die drei Top Herkunftsländer für in Österreich angesiedelte internationale Headquarters.
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Lebensqualität als Headquarter-Asset
Unternehmen in Österreich: Branchenvielfalt trifft auf Innovationskraft
Die Mehrheit der internationalen Headquarters in Österreich ist mit 28 Prozent im verarbeitenden Gewerbe, mit 26 Prozent im Groß- und Einzelhandel, mit 14 Prozent im Bereich technischer und forschender Services sowie Finanz- und Versicherungsservices mit 11 Prozent tätig.
Forscherin Chiara Fabrizi, Universitätsassistentin am Institute for International Business der WU, ist seit 2021 für das Forschungsprojekt Headquarters in Austria tätig. Sie nennt die Gründe, warum Unternehmen aus den USA Wien bei der Auswahl ihres Headquarters z.B. Ländern wie Irland den Vorrang geben.
„Sicher, Irland ist ein guter Standort, wenn man von Steuervorteilen profitieren will.“ Aber Wien hat andere Vorteile: „Die Lebensqualität ist sehr hoch, selbst für europäische Verhältnisse. Das macht es leichter, internationale Talente anzuziehen. Was Institutionen betrifft, ist Österreich perfekt vernetzt: In Wien – wo sich über 40 Prozent aller Headquarters befinden – findet man die Vereinten Nationen, die OSZE, die OPEC und einige weitere.
Das ist ein großes Plus für viele Unternehmen. Darüber hinaus ist Österreich geografisch ideal positioniert und bietet Zugang zu den deutschsprachigen Märkten, aber auch zu Südeuropa und besonders zu den osteuropäischen Ländern. Ich bin ich mir sicher, dass Österreich für absehbare Zeit seinen Status als Drehscheibe für Firmenzentralen behalten kann, wenn das Land seine Karten richtig ausspielt.“
In einer WU Wien-Befragung unter 140 Managerinnen und Managern hat Fabrizi herausgefunden, dass die Mehrheit der Befragten meint, dass Österreich weitere Unternehmenszentralen durch die Digitalisierung anziehen kann. Lediglich zehn Prozent glauben, dass Österreich einige seiner Unternehmenszentralen verlieren wird.
Weiters zeigen die Ergebnisse, dass Österreich in Bezug auf die Verfügbarkeit von technologischer Infrastruktur und Digitalisierungs-Expertise wie etwa Anbieter von technischen Lösungen, Startups, Inkubatoren oder Acceleratoren besonders gut vorbereitet scheint. Lediglich der Zugang zu „Digitalisierungs-Talenten“, wie Data Scientists oder Digital-Marketing-Experten, könnte noch verbessert werden.
Warum bleibt Wien interessant für Unternehmen?
„Wien bleibt für Headquarters trotz anhaltender globaler Herausforderungen ungebrochen attraktiv“, weiß Hanke. Die 227 Ansiedlungen internationaler Unternehmen, die im vergangenen Jahr einen neuen Standort hier in Wien eröffnet haben, beweisen das. „Die neuen Ansiedlungen treiben die heimische Wirtschaft an und schaffen Jobs für die Menschen in Wien. Im letzten Jahr sind rund 1.300 Arbeitsplätze geschaffen und 430 Millionen Euro investiert worden. Für mich ein eindeutiger Auftrag, weiter an der hohen Qualität des Standortes zu arbeiten.“
Im vergangenen Jahr kamen Unternehmen aus 53 Ländern nach Wien. Deutschland war das stärkste Herkunftsland vor der Schweiz und der Ukraine. Auch die USA und Italien sind wieder unter den Top 10. Länder aus dem asiatischen Raum sehen Wien vermehrt als neuen wirtschaftliche Angelpunkt. Mit der Vervierfachung des Investitionsvolumens im Vorjahresvergleich sieht Hanke den Beweis der neu angesiedelten Unternehmen, in Wien längerfristig wachsen zu wollen und wirtschaftlich erfolgreich zu sein.
Die Mehrheit der Manager glaubt an den Standort Wien
Serviceroboter erobern Europa von Wien aus
Das innovative High-Tech Unternehmen Panza Robotics aus der Slowakei, das sich auf die Forschung und Entwicklung von intelligenten Servicerobotern konzentriert, hat in Wien sein Headquarter aufgeschlagen. Mit den Robotern sollen Routinetätigkeiten aber auch risikoreiche Operationen in verschiedenen Branchen wie dem Bauwesen, bei Versorgungsunternehmen oder der Abfallwirtschaft unterstützt werden.
„Der Standort Wien eröffnet uns neue Möglichkeiten und wertvolle Partnerschaften mit Unternehmen wie Infineon oder dem Silicon Alps Cluster und der Joanneum Research-Forschungsgesellschaft. Hier in Wien profitieren wir von möglichen attraktiven Förderungen und den qualifizierten Fachkräften, die wir in der elektronikbasierten Systemindustrie finden. Das sind die besten Voraussetzungen, um unsere Roboter weiterzuentwickeln und geeignete Investorinnen und Investoren zu finden“, ist Marek Sarnak, Mit-Gründer und Partner von Panza Robotics überzeugt.
Wien: 25.000 Arbeitsplätze dank ausländischer Unternehmen
„Die Bilanz internationaler Unternehmensansiedlungen der letzten 20 Jahre zeigt eine eindeutig positive Entwicklung. Seit 2004 wurden 3.000 neue ausländische Unternehmen bei ihrer Ansiedlung in Wien betreut. Diese haben durch ihren Start in Wien 25.000 Arbeitsplätze geschaffen. Im Zuge ihrer Ansiedlung haben die neuen Unternehmen insgesamt fast fünf Milliarden in den Standort Wien investiert“, so Hanke.
„Auch internationale Unternehmen, die bereits in Wien sind, erweitern hier ihre Geschäftstätigkeit und bauen ihre Standorte aus. Ein weiterer Vertrauensbeweis, der zeigt, dass die Rahmenbedingungen in Wien langfristig passen,“ meint Gerhard Hirczi, Geschäftsführer der Wirtschaftsagentur Wien.
Die Statistik der vergangenen 20 Jahre zeigt: Unternehmen aus 94 Ländern haben Wien als Standort gewählt. Führend ist hier Deutschland vor den USA, der Schweiz und an vierter Stelle Ungarn. Die Ansiedlungen der internationalen Unternehmen ist auch ein wesentlicher Anreiz für Headquarters sich in der Bundeshauptstadt zu etablieren und Wien als multinationale Wirtschaftsmetropole global zu verankern.
In Kürze: Studie ‚Headquarters in Austria‘
Wie die Studie ‚Headquarters in Austria‘ der Wirtschaftsuniversität Wien zeigt, beherbergt Österreich insgesamt 412 regionale oder divisionale Headquarter internationaler Unternehmen. Darunter sind große und renommierte Firmen wie Boehringer Ingelheim, Henkel, Takeda und die BMW Group. Mit 184 solcher internationaler Headquarter sitzt ein Großteil davon in Wien.
Unternehmen nutzen die ausgezeichnete geografische Lage Österreichs mit seiner Metropole Wien inmitten Europas, um ihre Geschäftstätigkeit in Mittel- und Südosteuropa zu intensivieren und gleichzeitig den westeuropäischen Markt zu erschließen. Die stabilen gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse, unternehmerfreundliche Gesetze und eine solide Infrastruktur tragen wesentlich zur Attraktivität als Top-Standort für Unternehmenszentralen bei. Österreich positioniert sich als das Tor zu einem Markt von 750 Millionen Konsumentinnen und Konsumenten im Herzen Europas und zeichnet sich durch eine hohe Kaufkraft und die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Fachkräfte aus.
Trotz der herausfordernden geopolitischen und wirtschaftlichen Lage seit der Coronapandemie, gefolgt von der Energie- und Teuerungskrise ist der Standort Österreich und Wien nach wie vor attraktiv und im Ausland gefragt, wie Zahlen der WU-Studie und die Bilanz der ABA für das Jahr 2023 belegen. Im Zuge von 325 Betriebsansiedelungen und Betriebsexpansionen haben internationale Unternehmen über 1,37 Milliarden Euro investiert, signifikant mehr als im Jahr zuvor. Allein in Wien gab es 188 Ansiedlungen und Expansionen, die von der ABA und der Wirtschaftsagentur Wien betreut wurden. Auch bei den Firmenzentralen gab es ein leichtes Plus: Im Jahr 2023 gab es österreichweit 22 Firmenzentralen mehr als noch 2022, ein Anstieg von fast sechs Prozent.