Vermögens- und Erbschaftssteuer in Österreich : Heiße Debatte um Vermögens- und Erbschaftssteuern: "Nehmt es den Reichen!"
Inhalt
- Die Steuerlast der Reichen in Österreich: Fakten und Zahlen
- Erbschaftssteuer: Die versteckte Belastung beim Erben von Villen und Aktien
- Erbschaftssteuer auf Immobilien in Österreich
- Ab wann ist man „superreich“?
- Vermögenssteuern in Österreich und anderswo
- Debatte um Steuerverteilung: Eine Analyse mit Blick auf die Gesamtsystematik
„Weil’s fair ist“ wollen etwa die Grünen eine Millionärssteuer auf Millionenerbschaften. Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut fordert die Vermögenssteuer für Superreiche und auch der neue SPÖ-Bundesvorsitzende Andreas Babler ließ kürzlich im Ö1-Interview verlauten, dass auch er an die Substanz der Reichen heranwill und beruhigte sogleich in bekannter marxistischer Dialektik, dass er dafür sorgen werde, dass selbstverständlich nicht der einfache Häuslbauer zur Kasse gebeten wird.
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Eine Debatte um eine Neuverteilung der Steuerlast ist durchaus notwendig in unserem Land, denn Arbeitseinkommen sind enorm hoch belastet, sodass der Vermögensaufbau für arbeitende Menschen zunehmend erschwert wird. Doch der Duktus linker Kampagnen unterstellt in einer populistischen Verkürzung der Tatsachen, dass „Reiche“ und Besserverdiener zu wenig für das System beitragen würden. Viele Fakten werden dabei bewusst ausgelassen oder in desinformativer Weise verdreht.
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Die Steuerlast der Reichen in Österreich: Fakten und Zahlen
Zahlen die Reichen in unserem Land wirklich zu wenig Steuern? Das wird zumindest ständig suggeriert. Laut einer Berechnung der Agenda Austria von 2021 trägt etwa das oberste ein Prozent der Besserverdiener 15,6 Prozent der Lohnsteuern bei. Die oberen 25 Prozent tragen ganze 76 Prozent der Lohnsteuerlast. Das zeigt, dass die Vermögen zwar ungleich verteilt sein können, allerdings die oberen Einkommensschichten prozentuell einen höheren Anteil zum Steueraufkommen beisteuern.
Ein einfaches Beispiel illustriert, dass jedem angehäuftem Vermögen in Österreich eine hohe Steuerlast vorausgegangen ist. Es gibt in Österreich den Spitzensteuersatz von 55 Prozent. Wer eine Millionen Euro pro Jahr verdient, zahlt 458.553,17 Euro Steuern darauf. Zuzüglich weiterer Abgaben und indirekter Steuern ist es sogar noch mehr.
541.446,83 Euro bleiben Netto vom Verdienst übrig und bildet fortan das "Vermögen". Im zweiten Jahr zahlt ein Einkommens-Millionär wieder 458.553,17 Euro an Einkommenssteuer. Das Vermögen wächst auf 1.082.893,66 Euro. Erst im zweiten Jahr der Einkommensbesteuerung wird sein Vermögen die Millionengrenze übersteigen und er wird auch tatsächlich "Millionär". Demgegenüber steht zu diesem Zeitpunkt eine Steuerleistung von 917.106,34 Millionen Euro. Nur 165.787,32 Euro beträgt die Differenz zwischen Vermögen und zuvor gezahlten Steuern.
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Es gibt zwar deutliche Unterschiede in der Besteuerung, wie ein Vermögen angehäuft wird, z.B. sind Kapitaleinkünfte und Gewinnsteuern geringer besteuert als Arbeitseinkünfte, aber im europäischen Vergleich immer noch überdurchschnittlich hoch.
Wenn wir also über Fairness diskutieren wollen, muss eine Entlastung unterer Steuerklassen jedenfalls Teil des Pakets sein, damit jemand, der weniger verdient, auch schneller sich ein Vermögen aufbauen kann. Nur so wird man tatsächlich an der Vermögensungleichheit etwas ändern. Das ist z.B. das Steuerprinzip in der Schweiz. Dort beträgt die Steuer- und Abgabenquote nur rund 30 Prozent. Der Vermögensaufbau wird also leichter gemacht. Dafür wird mit Vermögens- und Erbschaftssteuern dann später etwas mehr auf angehäuften Reichtum zugegriffen. Das ist fair.
Erbschaftssteuer: Die versteckte Belastung beim Erben von Villen und Aktien
Besonders emotional wird die Debatte um eine Besteuerung für große Erbschaften geführt. „Wer viele Millionen, eine Villa oder riesige Aktienpakete einfach so erbt, zahlt genau nichts für die Gemeinschaft“, heißt es ziemlich verkürzt in der Kampagne der Grünen in Österreich. Wie bereits gezeigt, geht einem Vermögen meistens eine hohe Steuerlast voraus. Das sollte man vielleicht auch erwähnen, wenn man schon „fair“ sein will.
Doch auch sonst nehmen die Grünen es mit ihrer Aussage nicht sehr genau. Wer nämlich eine Villa erbt, zahlt durchaus eine Erbschaftssteuer durch die Hintertür, nämlich die so genannte Grunderwerbssteuer. Diese fällt bei Erbe und Schenkung ebenfalls an und wurde 2008 als Ersatz für die damals abgeschaffte Erbschaftssteuer in Österreich eingeführt, nachdem der Verfassungsgerichtshof letztere 2007 als verfassungswidrig erklärt hatte, weil der Gleichheitsgrundsatz verletzt wurde.
Bei Verkauf von Immobilien fällt zusätzlich nochmal die Immobilienertragssteuer an. Zusammen sorgen Grunderwerbs- bzw. Immobilienertragssteuer für ein Aufkommen von rund 2,4 Milliarden Euro pro Jahr. Wer eine Immobilie im Wert von einer Million Euro erbt, zahlt also jedenfalls, je nach Bemessungsgrundlage, rund 25.000 bis 50.000 Euro Steuern. Auch das Erbe von Aktienpaketen ist natürlich besteuert. Nämlich dann, wenn es für die Erben zu einer Dividendenausschüttung oder Auszahlung des Aktienwerts kommt.
Erbschaftssteuer auf Immobilien in Österreich
Immobilienerbe ist also in Österreich jedenfalls versteuert, ganz egal ob man eine Villa für eine Million Euro oder eine Eigentumswohnung für 150.000 Euro erbt. Die Politik lässt offen, ob eine Erbschaftssteuer ab einer Million die Grunderwerbssteuer ersetzen soll, oder ob diese obendrauf käme. Eine Entlastung für den Mittelstand wäre es nur, wenn die Grunderwerbssteuer bis zu einer Grenze entfallen würde. Das könnte auch generell für eine Vergünstigung beim Wohnbau sorgen, denn Externalitätskosten beim Grundstückskauf schlagen sich mit bis zu 10 Prozent der Grundstückspreise nieder.
Vom gewerkschaftsnahen Momentum- Institut wird z.B. behauptet, dass in den nächsten 30 Jahren rund 700 Milliarden Euro in Österreich steuerfrei vererbt werden. Da ein Großteil der Erbschaftsvermögen aus Immobilien bestehen, ist diese Aussage falsch, da darauf jedenfalls die Grunderwerbssteuer anfallen würde. Spricht man mit Notaren, die Erbschaften abwickeln, dann bekommt man durchaus ein anderes Bild zu den oft verbreiteten Statistiken. Bei über 50 Prozent der Erbschaften wird Grund- und Immobilienvermögen übertragen.
Je nach Region übersteigt der Gesamtwert nicht selten eine Million Euro, was vor allem auf die massiven Wertsteigerungen im Immobilienbereich der letzten Jahre zurückzuführen ist. Sehr häufig ist dies etwa bei landwirtschaftlichen Betrieben der Fall. Eine Erbschaftssteuer träfe etwa die Bäuerinnen und Bauern besonders hart. Aber auch Einfamilienhäuser im Großraum Wien, Graz oder Salzburg mit etwa 2.000 bis 3.000 Quadratmeter Garten haben inzwischen oft einen Wert von über einer Million Euro. Will man also vermeiden, dass eine Erbschaftssteuer den Mittelstand trifft, müssten die Freibeträge wesentlich höher angesetzt werden, etwa bis zwei bis drei Millionen Euro.
Ab wann ist man „superreich“?
Ein Merkmal der Debatte ist, dass sprachlich immer auf die „Superreichen“ abgezielt wird, um Emma und Otto Normalbürger in Sicherheit zu wiegen. Aber ab wann ist man eigentlich super reich? Geht man davon aus, dass dies Vermögen im Milliardenbereich oder zumindest im dreistelligen Millionenbereich betrifft, dann wird eine Besteuerung durchaus zum komplexen, volkswirtschaftlichen Thema. Es ist schlichte Desinformation, wenn suggeriert wird, dass Milliardenvermögen so einfach fassbar wären, als ob das Geld einfach auf dem Konto liegen würde.
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Tatsächlich haben wir es in dieser Kategorie oft mit Gesellschaftsvermögen und Firmenanteilen zu tun, die nicht so einfach besteuert werden können. Dabei entsteht schon die erste Schwierigkeit, zu klären, in welchem Land diese Vermögensanteile steuerpflichtig wären. Elon Musk beispielswiese ist aufgrund seiner Aktienanteile an seinen Unternehmen wie Tesla mit einem Vermögen von rund 226,4 Milliarden US-Dollar (2023) bewertet. Doch Tesla ist ein international agierender Konzern mit Fabriken in zahlreichen Ländern. Welcher Vermögenswert lässt sich also wirklich auf das jeweilige steuerpflichtige Land festmachen?
Vermögenssteuern in Österreich und anderswo
Von der Gewerkschaft GPA wird etwa eine progressive Vermögenssteuer ab einer Million Euro gefordert. Dann soll mit 0,5 bis 1,5 Prozent besteuert werden. Begründet wird die Notwendigkeit einer Vermögenssteuer damit, dass Vermögen in Österreich zu ungleich verteilt wären. Das reichste Prozent besitzt 40 Prozent des Vermögens, während die restliche 50 Prozent nur 2,8 Prozent des Vermögens besitzen würden. Wie Eingangs gezeigt, bedeutet diese Vermögensverteilung aber keinesfalls, dass Reiche weniger zum Steueraufkommen beitragen.
Der Anteil der Vermögenssteuern mit rund 1,5 Prozent am Steueraufkommen sei in Österreich im OECD-Schnitt (ca. 5,5 Prozent) zudem sehr gering. In Großbritannien, Frankreich oder Italien liege der Wert teilweise bei weit über fünf Prozent. Großbritannien hebt aber gar keine Vermögenssteuern, sondern nur eine partielle Erbschaftssteuer ein. Auch Italien erfasst nur Vermögenswerte im Ausland mit 0,2 Prozent pro Jahr.
Die Statistik kann trügen. Einerseits werden oft Vermögenssteuern und vermögensbezogene Steuern verwechselt oder gleichgesetzt. Von Letzteren hat Österreich eine ganze Menge. Dazu zählen etwa Grundsteuer, Grunderwerbssteuer oder Kfz-Steuern. Andererseits verzerren hohe Lohn- und Umsatzsteuern die prozentuelle Verteilung des Steueraufkommens. Zudem hat Österreich durchaus vergleichbare Steuerregeln zu anderen Ländern, was Vermögen betrifft. Dänemark hebt auch eine Vermögenssteuer ein, allerdings nur auf Grund- und Immobilienvermögen und auf Erträge daraus. Nicht unähnlich dem System in Österreich. Auch Frankreich, das traditionell hohe Steuern auf Besitz erlässt, betreibt seit 2017 eine Umwandlung der Vermögenssteuer in eine reine Immobiliensteuer, ebenfalls ähnlich zu unserem Modell. Zudem sind die Durchschnittsvermögen in anderen Ländern höher, womit ebenfalls ein höherer statistischer Wert am Steueraufkommen erzielt werden kann.
Debatte um Steuerverteilung: Eine Analyse mit Blick auf die Gesamtsystematik
Die Debatte um eine Neuverteilung der Steuerlasst führt man am besten ohne klassenkämpferischen Populismus. Wichtig ist, dass die gesamte Steuersystematik betrachtet wird und nicht auf Einzelmaßnahmen abgezielt wird. Will man Vermögensaufbau der mittleren und unteren Einkommensklassen erleichtern, braucht es Steuersenkungen und keine weiteren Belastungen. Zudem sind Grenznutzenberechnungen durchaus sinnvoll. Wie viel kann mit einer Steuer eingenommen werden und wie viel kostet der Verwaltungsaufwand bzw. um wie viel würden Erträge aus anderen Steuern sinken? 2017 hat das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unter Ministerin Brigitte Zypries, immerhin eine Sozialdemokratin, die Volkswirtschaftlichen Effekte einer Vermögenssteuer errechnen lassen.
Bei einem Steuersatz von einem Prozent auf Vermögen ab einer Million Euro hätte man fast 20 Milliarden Euro eingenommen. Andererseits hätten sich die Einnahmen aus Lohnsteuer, Umsatzsteuer und Unternehmenssteuern um über 50 Milliarden Euro verringert, sodass der deutsche Staat insgesamt ein Minusgeschäft gemacht hätte. Dass das nichts bringt, hat damals sogar die SPD erkannt. Nimmt man den Gini-Koeffizient als Maßstab, dann zeigt sich, dass es bei der Vermögensungleichheit kaum einen Unterschied macht, ob ein Land Erbschaften oder Vermögen besteuert, oder nicht. Es scheint also andere Wege zu brauchen, um sozioökonomische Gleichheit zu fördern.
Störer:
- Die oberen 25 Prozent tragen ganze 76 Prozent der Lohnsteuerlast.
- Immobilienerbe ist in Österreich jedenfalls versteuert, ganz egal ob man eine Villa für eine Million Euro oder eine Eigentumswohnung für 150.000 Euro erbt.
- Die Debatte um eine Neuverteilung der Steuerlasst führt man am besten ohne klassenkämpferischen Populismus.