Wohnbau Vorarlberg : Alpine Regionen im Platzdilemma: Wohnbau in Vorarlberg, Salzburg und Tirol unter Druck
Inhalt
- Zinsanstieg und hohe Baukosten verschärfen die Lage
- Wohnbau Westösterreich: Regulatorik als Bremsfaktor
- Kompakt: Entwicklung der Bautätigkeit in Zahlen
- Wohnbauzahlen im Sinkflug: Neubauentwicklung 2024–2025
- Vorarlberg besonders betroffen: Rückgänge bis zu 40 Prozent erwartet
- Tirol: Bedarf bleibt, Angebot stagniert
- Salzburg: Wohnungsbedarf deutlich höher als Fertigstellungen
- Forderung nach politischen Maßnahmen zur Wohnbaumobilisierung

In Tirol sind bis 2033 jährlich etwa 3.900 neue Wohnungen gefragt.
(Hinweis: Dieses Bild wurde mithilfe von KI generiert und dient der Illustration.)
- © KI-generiertDie westlichen Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg haben wegen ihrer alpinen Prägung ein Platzproblem. Dementsprechend gering fällt der Dauersiedlungsanteil (Besiedlung, Landwirtschaft und Infrastruktur) an der Gesamtfläche aus.
In Tirol sind es nur 12,4 Prozent, in Salzburg 20,9 und in Vorarlberg 21,8 Prozent. Im Vergleich dazu macht der Dauersiedlungsraum in Oberösterreich 57,1 Prozent, und in der Bundeshauptstadt Wien 77 Prozent der Gesamtfläche aus.
Nie mehr die wichtigsten lokalen Nachrichten aus dem Westen Österreichs aus Wirtschaft und Politik verpassen. Abonnieren Sie unseren wöchentlichen Newsletter: Hier geht’s zur Newsletter-Anmeldung!
Das bedeutet für den Westen Österreichs konkret einen starken Konkurrenzdruck um Bauland und entsprechend hohe Preise.
Damit aber noch nicht genug, denn verschärfte Bauvorschriften und eine überbordende Bürokratie erschweren das Bauen zusätzlich. Dabei hat der Erwerb von Wohnungseigentum in den ländlichen Regionen absoluten Vorrang vor der Miete. Dass Österreich neben Deutschland und der Schweiz zu jenen Ländern zählt, in denen mehr Menschen zur Miete als im Eigentum wohnen, gilt jedenfalls für „das Land“ nicht.
Tatsächlich beträgt der Anteil von sozial gefördertem Wohnungsbau am Gesamtwohnungsbestand in Wien etwa 40 Prozent, während er in den anderen Bundesländern bei etwa 20 Prozent liegt. Damit steht Österreich EU-weit an der Spitze. Nur in Deutschland und in der Schweiz ähnelt das Bild der Situation in Österreich.
Kommentar der Chefredaktion: Die Krise der österreichischen Bauwirtschaft ist politisch herbeigeführt
"Alles in allem braucht es eine starke Allianz aus Politik und Wirtschaft"WKO
Zinsanstieg und hohe Baukosten verschärfen die Lage
Die Probleme, die die Bauwirtschaft zum Stottern gebracht haben, sind vielfältig. Wie immer, wenn temporär auftretende ungünstige Entwicklungen auf strukturelle Schieflagen treffen, potenziert sich die Misere und lässt alle Missstände offenkundig werden.
Mit dem Anheben des Leitzinssatzes durch die Europäische Zentralbank sind selbstredend auch die Hypothekenzinsen gestiegen, was sich wiederum nachteilig auf die Finanzierungskosten insgesamt auswirkt. Die Zinsen für Wohnbaukredite sind von 1,2–1,5 Prozent (2021) auf rund 3,5–4,2 Prozent (2023) gestiegen. Das bedeutet, die monatliche Belastung für den Wohnbaukredit ist um mehr als 40 angewachsen.
Die Preise für Baumaterial sind wie folgt gestiegen: Holz +35 Prozent, Stahl +28, Dämmstoffe + 30, und Beton + 20 Prozent, jeweils bezogen auf den Zeitraum 2021–2023.

Wohnbau Westösterreich: Regulatorik als Bremsfaktor
Strenge Bauvorschriften und die nach wie vor langwierigen Genehmigungsverfahren und Umweltauflagen hemmen den Wohnbau, während die Energiestandards die Kosten zusätzlich empfindlich erhöhen.
Die mit 30. Juni 2025 auslaufende KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) hat das ihrige dazu beigetragen.
Kompakt: Entwicklung der Bautätigkeit in Zahlen
Nach der Finanzkrise 2009 erholte sich die Bautätigkeit in Österreich rasch und erreichte in den Jahren 2017 und 2019 Höchststände bei den Baubewilligungen für neue Wohneinheiten. Ab 2020 zeichnete sich ein Abwärtstrend ab, der sich ab 2022 durch gestiegene Bau- und Finanzierungskosten sowie Zinssteigerungen deutlich beschleunigte.
2010 gab es 52.078 genehmigte Wohnungen.
2017/2019 lieferten Höchststände bei den Baubewilligungen mit über 75.000 Einheiten.
2021 gab es noch einmal einen kurzen Anstieg, ehe es 2022 zu einem starken Einbruch von 8,5 Prozent auf gut 64.000 Einheiten kam.
2023: weitere Reduktion um 28,5 Prozent auf 46.565 Einheiten, was dem tiefsten Wert seit 2010 entspricht.
2024: leichter Anstieg auf 51.473 Einheiten, aber weiter unter dem Niveau von 2010.
Wohnbauzahlen im Sinkflug: Neubauentwicklung 2024–2025
Vor dem Hintergrund dieser Situation spricht Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes für Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WKÖ, „von einer regelrechten Talfahrt im österreichischen Wohnbau“.
Gollenz betont, dass 2024 im Vergleich zu 2023 ein Minus von 17,3 Prozent bei Neubauten und sanierten Wohneinheiten zu verzeichnen war. Durch Teuerung, Inflation, rechtliche Hürden und strikte Kreditvergaberegeln seien viel weniger Wohnungen auf den Markt und der Neubaumarkt zur Gänze zum Stillstand gekommen, so Gollenz weiter.
Für 2025 rechnet er mit einem weiteren Rückgang: „Prognostiziert sollen rund 7.700 Wohnungen weniger neu errichtet oder saniert auf den Markt kommen als 2024.“
-
„von einer regelrechten Talfahrt im österreichischen Wohnbau“
spricht Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes für Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WKÖ
Vorarlberg besonders betroffen: Rückgänge bis zu 40 Prozent erwartet
Obwohl einige Rahmenbedingungen für den Wohnbau besser geworden sind, ist die bauwirtschaftliche Ausgangslage in Vorarlberg immer noch herausfordernd. Das unterstreicht eine interne Umfrage der Wirtschaftskammer unter betroffenen Handwerksbetrieben zur wirtschaftlichen Aussicht.
Die Stimmungslage der 235 befragten Betriebe ist – getragen durch geopolitische Verwerfungen – seit 2022 negativ und bis 2026 werden auch keine signifikanten Veränderungen erwartet.
Gesamt gesehen schätzen die meisten den wirtschaftlichen Rückgang für dieses Jahr auf bis zu minus 30 Prozent. Insbesondere das Baunebengewerbe rechnet sogar mit einem Minus von bis zu 40 Prozent.
Zugleich geben die Betriebe aber auch an, ihren Personalstand überwiegend halten zu wollen, sofern dies möglich ist. Dies unterstreicht das hohe Verantwortungsbewusstsein der überwiegend familiengeführten Unternehmen.

Tirol: Bedarf bleibt, Angebot stagniert
Auch in Tirol bleibt der Wohnbau 2025 weiterhin rückläufig. Für das laufende Jahr werden nur noch etwa 2.150 bis 2.500 neue Wohneinheiten prognostiziert.
Die Preise bleiben hoch und das Angebot knapp. Um dem wachsenden Bedarf bei steigenden Ansprüchen und veränderten Wohnbedürfnissen gerecht zu werden, sind in Tirol bis 2033 jährlich etwa 3.900 neue Wohnungen gefragt.

Salzburg: Wohnungsbedarf deutlich höher als Fertigstellungen
Kaum anders stellt sich die Situation in Salzburg dar. Nach Angaben der Branche werden 2025 im gesamten Bundesland voraussichtlich 1.300 Wohneinheiten fertiggestellt, was einem Rückgang von etwa 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet.
Der Wohnungsbedarf liegt seit 2021 bei etwa 12.770 Wohnungen, davon allein 2.410 in der Landeshauptstadt. Für 2025 werden moderate Preissteigerungen von zwei bis vier Prozent erwartet.

Forderung nach politischen Maßnahmen zur Wohnbaumobilisierung
Zusammengefasst lautet der Befund: Bauträger sehen die Lage in Westösterreich als kritisch. Hohe Kosten, schwierige Finanzierung und eine stagnierende Nachfrage erschweren den Markt. Ohne politische Gegenmaßnahmen drohen weitere Engpässe und Preissteigerungen.
In diesem Zusammenhang warnt Andreas Köttl, Präsident der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE): „Jede Wohnung, die heute nicht geplant wird, wird uns in drei bis fünf Jahren fehlen. Wesentlich für unser Arbeiten sind die Beschleunigung von Verfahren, eine Reduktion von Bürokratie und die Attraktivierung von klimagerechtem Bauen und Sanieren.“
Peter Krammer, Obmann des Fachverbandes der Bauindustrie, kritisiert ergänzend, dass das milliardenschwere Wohn- und Baupaket der Bundesregierung „nur marginale Verbesserungen bei der Kreditvergabe bewirkt“ habe. „Auf den Baustellen – da, wo es primär wirken sollte – ist es nicht angekommen.“
Alles in allem brauche es eine „starke Allianz aus Politik und Wirtschaft“, um den Wohnungsmarkt zu stabilisieren.
Dazu gehören laut Wirtschaftskammer Österreich und den Bauträgern insbesondere:
- eine rasche Reduktion überzogener Baustandards
- die Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren
- verbesserte rechtliche Rahmenbedingungen für Nachverdichtung und Sanierung
- eine Effektive Umsetzung von Fördermitteln am Bau
🔎 Noch mehr Wirtschaftseinblicke?
Folgen Sie uns auf LinkedIn und bleiben Sie über aktuelle Themen, spannende Interviews und Trends aus der Wirtschaft immer auf dem Laufenden! 🚀💼