Steuern Österreich : Lohnnebenkosten als Standortfaktor

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82 Prozent der Befragten im „Austrian Tax Survey sprechen sich für eine Senkung der Lohnnebenkosten aus.

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Schon seit Langem wird das österreichische Steuersystem im internationalen Rennen um Wirtschaftsstandorte als nachteilig wahrgenommen.

So erhob Deloitte im Rahmen seines jährlichen „Austrian Tax Surveys“ für das Jahr 2023, in dessen Rahmen 209 heimische Führungskräfte befragt wurden, dass mit 72 Prozent mehr als zwei Drittel der Befragten das heimische Steuersystem als herausfordernd wahrnehmen. Hier sorgen mit 61 Prozent widersprüchliche Interpretationen der Finanzverwaltung über die bestehenden Regelungen und häufige Gesetzesänderungen mit 55 Prozent am Häufigsten für Stirnrunzeln.

Zudem werden der Arbeitskräftemangel und die hohe Inflation mit Sorge beobachtet. Mit all diesen Faktoren ist der Blick in die Zukunft des Standorts Österreich auch nach der Pandemie eher verhalten.

Hohe Lohnnebenkosten im Vergleich

Die Lohnnebenkosten setzen sich unter anderem aus den Beiträgen der Arbeitgeber zur Sozialversicherung, also der Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung, wie auch zur Arbeitslosenversicherung und dem Insolvenzentgeltsicherungsfonds, den Beiträgen für die Mitarbeitervorsorgekasse und zum Familienlastenausgleichsfonds und der Kommunalsteuer zusammen. Hinzu kommen noch die Kammerumlage, die Wohnbauförderung weitere regionale Beiträge, wie zum Beispiel die U-Bahn Steuer in Wien.

Saldiert man alles, kommt man auf einen prozentualen Anteil von 27 Prozent der gesamten Arbeitskosten, wie die Abteilung für Wirtschaftspolitik der Wirtschaftskammer vorrechnet. Österreich hatte damit laut Eurostat im Jahr 2022 den fünfthöchsten Lohnnebenkostenanteil der EU. Spitzenreiter ist hierbei Frankreich gefolgt von Schweden, Italien und der Slowakei. Österreichs wichtigster Handelspartner Deutschland kommt auf einen Anteil von 23 Prozent, die Schlusslichter sind Litauen und Rumänien.

Im Lauf der Jahre verschlechtere sich Österreichs Position dabei zunehmend. Denn 2012 nahm Österreich im europäischen Vergleich den achten Rang ein. Die Denkfabrik Agenda Austria errechnete für einen Arbeitnehmer in Wien bei einem monatlichen Bruttobezug von 2.900 Euro jährliche Arbeitskosten von 52.576 Euro. Hiervon entfallen 18,1 Prozent auf Arbeitnehmerbeiträge, 29,5 Prozent auf Arbeitgeberbeiträge und 8,4 Prozent auf arbeitsunabhängige Abgaben wie die Wohnbauförderung, die Kammerumlage oder die Kommunalsteuer.

Dem Arbeitnehmer bleiben am Ende 29.664 Euro übrig. Ein weiteres Rechenbeispiel der Denkfabrik von Mitte Jänner zeigt, dass einem Arbeitgeber bei einem Bruttomonatsgehalt des Arbeitnehmers von 3.000 Euro Brutto eine Lohnerhöhung um 100 Euro 215 Euro mehr kostet. 115 Euro davon landen beim Staat, der bei dieser Kalkulation der lachende Dritte ist.

Eine Lohnerhöhung von 100 Euro bei einem Bruttomonatsgehalt von 3.000 Euro kostet den Arbeitgeber 215 Euro.

Vorschläge aus der Politik

Dass der Politik der Umstand sehr wohl bewusst ist, dass Handlungsbedarf besteht, zeigt der Vorstoß des Wirtschafts- und Arbeitsministers Martin Kocher. Dieser veröffentlichte am Dreikönigstag auf seinem Blog seine Idee zur Senkung der Lohnnebenkosten. Zunächst strich er die Bestrebungen seines Ministeriums hervor, die in den vergangenen zwei Jahren zu einer Senkung der Beiträge zur Arbeitslosen- und Unfallversicherung wie auch des Insolvenzentgelt- und Familienlastenausgleichfonds geführt haben.

Die dadurch erreichte Entlastung beziffert er mit 800 Millionen Euro pro Jahr. Seine Empfehlung für die nächste Regierung ist, sich auf einen „Mehr- Netto- Automatismus“ zu verständigen. Dies könnte in Form einer Senkung von 0,5 Prozent in vier Etappen passieren. Die so entstehende Lücke würde ungefähr 800 Millionen Euro pro Jahr ausmachen. Kocher plädiert dafür zur prüfen, ob eine Finanzierung im ersten Schritt durch „Ausgabendisziplin“ möglich ist um erst danach weitere Formen der Gegenfinanzierung ins Auge zu fassen.

Auch Bundeskanzler Karl Nehammer hat sich der Lohnnebenkosten im Rahmen seiner jüngst präsentierten Initiative „Der Österreichplan“ angenommen. Unter dem Schlagwort „Mit Leistung Zukunft schaffen“ wird unter anderem ausgeführt, dass Österreich „wirksame Maßnahmen“ setzen muss. Denn um „die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes zu stärken und Beschäftigungsimpulse zu setzen, müssen daher die Lohnnebenkosten gesenkt werden“.

Kanzler Nehammer schwebt hier eine „Leistungsreform des Abgabensystems“ vor, die mit einer „Implementierung eines Lohnnebenkosten-Senkungspfades bis 2030 um 0,5 Prozentpunkte pro Jahr“ realisiert werden soll. Diese Senkung soll mittels einer Reform der Arbeitslosenunterstützung und der Umstrukturierung des Familienlastenausgleichfonds finanziert werden.

Geteilte Meinung

Das Stimmungsbild, das im „Austrian Tax Survey“ erhoben wurde zeigt, dass sich 82 Prozent der Befragten für eine Senkung der Lohnnebenkosten aussprechen, um die Attraktivität für Arbeitskräfte zu erhöhen. 81 Prozent geben sogar an, dies als die beste Maßnahme für die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes zu halten.

Die Reduktion der Einkommenssteuer über die kalte Progression hinaus rangiert mit 58 Prozent erst danach. Zum Vergleich, die steuerliche Förderung der Ökologisierung der Wirtschaft wird von 40 Prozent der Befragten gefordert. Die Entlastung des Faktors Arbeit wird hier, vor allem vor dem Hintergrund der wirtschaftlich herausfordernden Zeiten, als immer wichtiger angesehen.

Während die Stimmen aus der Wirtschaft und der Arbeitgeber diese Vorstöße sehr positiv bewerten, ist die Seite der Arbeitnehmer wenig begeistert. So erteilte der Präsident des ÖGB, Wolfgang Katzian, diesem Vorstoß postwendend eine Absage. Er verwies auf den 10-Punkte-Plan des ÖGB, um die Konjunktur wieder anzukurbeln. Auch die Arbeiterkammer sieht in der Senkung der Lohnnebenkosten ein „trojanisches Pferd für die Beschäftigten“.