Werbung und Marketing : Branding: Geschichte erobert die Werbung
Als die Erste Bank und Sparkassen 2019 ihr 200-jähriges Jubiläum feierten, schufen sie einen vielbeachteten Werbespot, der die Geschichte des Unternehmens seit Beginn der Industrialisierung und die Entwicklung bis in die heutige Zeit nachzeichnete. Im Zentrum der Geschichte stand Marie Schwarz, ein erst zwölfjährigen Mädchen, das 1819 das erste Sparbuch bekam. Der cineastisch aufwändig produzierte Werbespot verbindet die Geschichte des Bankunternehmens mit dem Wohlstandszuwachs und Fortschritt seit Beginn der Industrialisierung. Ein gutes Beispiel, wie mit der Kraft der Geschichte heutzutage für Unternehmen und Produkte Werbung gemacht wird. Und das mit zunehmendem Erfolg.
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History Marketing als Trend
Das so genannte History Marketing stellt seit einigen Jahren einen Trend in der Werbebranche dar und verändert damit ein jahrzehntelanges Paradigma der Unternehmenskommunikation. War es etwa noch bis Ende der 1990er Jahre eher verpönt, Marketing mit der eigenen Unternehmensgeschichte zu betreiben, greift man heute wieder gerne darauf zurück, um Beständigkeit, Vertrauen, Tradition, aber auch stetige Innovation und Weiterentwicklung eines Unternehmens auszudrücken. Die Formen, die History Marketing dabei annehmen kann, müssen sich dabei nicht unbedingt an historischen Fakten orientieren. Es genügt, auf bekannte historische Elemente anzuspielen, um die Aufmerksamkeit der Konsumentinnen und Konsumenten zu bekommen.
Geschichtsvermittlung in der Werbung
Zuweilen kann History Marketing aber auch sehr ernsthafte Hintergründe zum Gegenstand der Werbung machen. So schuf die Agentur Jung und Matt für BMW zum 30-jährigen Jubiläum des Mauerfalls 2019 einen Werbespot in Form eines Mini-Kinofilms, der die reale Geschichte zeigte, wie 1964 neun Menschen mit einer BMW Isetta die Flucht in den Westen gelang. Dabei wurde geschichtswissenschaftlich aufgearbeitetes Material gekonnt mit der Marke BMW verknüpft und nicht nur ein Teil öffentlicher Geschichtsvermittlung betrieben, sondern auch Aspekte der eigenen Produkt- und Unternehmensgeschichte in einen historischen Kontext gestellt.
Großes Interesse an Unternehmensgeschichte
Zuweilen wird aber auch in Unternehmen aus Imagegründen eine historische Aufarbeitung der Unternehmensgeschichte unternommen, etwa wenn es um die Frage geht, welche Rolle ein Betrieb im Nationalsozialismus gespielt hat. Das Fehlen einer solchen Aufarbeitung kann sich oftmals als Imageverlust erweisen. Die eigene Historie von fachkundigen Historikern aufarbeiten zu lassen, wurde von vielen Unternehmen in den letzten Jahren unternommen. Das Interesse daran war so groß, dass sich auf Universitäten eigene Institute und Spezialrichtungen für Unternehmensgeschichte herausgebildet haben. In Deutschland und Österreich stand vor allem die Rolle während des 2. Weltkriegs für viele Betriebe im Vordergrund. In den USA oder in Großbritannien ist damit oft eine Aufarbeitung des Anteils an der Sklaverei oder der Kolonialgeschichte eines Unternehmens verbunden. Ein offener, ehrlicher und bewusster Umgang mit der eigenen Geschichte ist ein Imagefaktor geworden. Wer dies nicht tun, gerät in den Verdacht, etwas verheimlichen zu wollen. Es gibt hierfür auch Negativbeispiele von Firmen, die eine Aufarbeitung ihrer Geschichte unterdrückt haben. Meist war der Imageverlust in solchen Fällen höher.
Geschichte als Imagefaktor
Längst haben Marketingstrategen verstanden, dass die Geschichte eines Produkts oder eines Unternehmens eine starke Wirkung auf Konsumenten haben. Etwa, wenn damit Langlebigkeit, Tradition und Nostalgie verbunden vermittelt wird. Ob ernsthafte Aufarbeitung der Unternehmensgeschichte, oder schlicht das Vorkommen historischer Figuren oder Elemente in der Werbung: History Marketing kann viele Formen haben. In den meisten Fällen wird aber kein Anspruch auf historische Korrektheit gestellt, schließlich geht es letztendlich um Marketing und nicht um Geschichtswissenschaft.