IT:U : Digital Uni Linz: was für die Nähe zur JKU passieren muss
In Linz schreiten die Pläne für den Bau einer neuen Digitalisierungsuniversität voran. Das Projekt der IT:U (Interdisciplinary Transformation University Austria) soll die Stadt zu einem führenden Standort für Technologie und Innovation machen.
Doch es stößt auf große Widerstände. Denn für die Umsetzung dieses Projektes ist wieder einmal die Umwidmung eines großen Teils des geschützten Grüngürtels erforderlich – diesmal im Univiertel im Stadtteil Urfahr.
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Naturraum als günstige Bauressource?
Dieser Grüngürtel bietet nicht nur Erholungsmöglichkeiten für die Anwohner, sondern ist auch ein wichtiger Lebensraum für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten. Die geplante Rodung würde nicht bloß das Stadtbild nachhaltig verändern, sondern auch erhebliche ökologische Konsequenzen nach sich ziehen und absehbar auch Folgen für das Klima in der Stadt haben.
Viele Bürger und Umweltorganisationen haben sich deshalb gegen das Vorhaben ausgesprochen, und dieser Konflikt kann als durchaus typisch für die Linzer Stadtplanung gesehen werden, wobei zunächst versucht wird, neue Großprojekte in den Grüngürtel auszulagern.
Zuvor geschah dies auch bei den Planungen für den Bau des Lask-Fußballstadions, das zunächst in der Nähe des Pichlinger Sees, einem beliebten Naherholungsgebiet der Linzer, entstehen sollte. Letztlich scheiterte dies aber am Protest der Bevölkerung.
Grüngürtel Umwidmung: Kommt bald Abstimmung?
Mit dem Rücktritt von Klaus Luger verliert die Umwidmung des Grüngürtels im Univiertel einen ihrer stärksten Befürworter auf der politischen Bühne. Dennoch scheint der neue SPÖ-Bürgermeister Dietmar Prammer gemeinsam mit der ÖVP noch in diesem Jahr im Gemeinderat über die großflächige Umwidmung abstimmen lassen zu wollen.
Widerstand kommt von den Grünen und LinzPlus. Aber auch der FP-Bürgermeisterkandidat und Gesundheitsstadtrat Michael Raml setzt sich für den Erhalt des Grüngürtels ein. Er fordert, dass vor der Bürgermeisterwahl vorerst keine Entscheidung getroffen wird.
„In den kommenden Wochen wählen wir sowohl ein neues Parlament und damit eine neue Bundesregierung als auch einen neuen Bürgermeister. Davor sollte der Gemeinderat keine höchst umstrittenen Fakten schaffen", so Raml. "Dem neuen Bürgermeister soll die Möglichkeit gegeben werden, mit der neuen Bundesregierung und mit dem Land Gespräche über einen Alternativstandort für die Digital-Uni IT:U zu führen. Ich würde das jedenfalls machen, wenn mich die Linzer zum Bürgermeister wählen.“
Grüngürtel: der einzig mögliche Standort?
Dabei gäbe in der Linzer Innenstadt durchaus Flächen, die für neue und innovative Projekte in Frage kommen. Als mögliche ressourcenschonende Standorte nennt beispielsweise Lorenz Potocnik, Stadtentwickler und Linzer Gemeinderat von LinzPlus die PostCity oder Flächen im Makartviertel wie das Neubaugebiet zwischen Wiener Straße und Hauptbahnhof.
„Es braucht keine räumliche Nähe zur Johannes Kepler Universität. Dieses Argument halte ich gerade für eine Digital-Universität und ‚Neugründung‘ für fast schon absurd. Viel wichtiger ist ein leistungsfähiger ÖV-Knoten, ich meine eine Anbindung an die Bahn, nicht die Autobahn“, so Potocnik. Er fordert wie die Linzer FPÖ, dass neben dem neuen Bürgermeister nun auch der Gemeinderat neu gewählt werden sollte.
Silicon Valley in Oberösterreich: verlockende Vision
Die Diskussion rund um den neuen Standort der Digitaluni ist exemplarisch für zwei Sichtweisen der Stadtplanung in Linz. Einerseits gibt es den Wunsch nach urbaner Verdichtung und weniger neuem Flächenfraß; während andererseits schon länger die verlockende Vision einer Art Silicon Valley in Oberösterreich existiert.
Dieses soll sich entlang der Mühlkreisautobahn von der Johannes Kepler Universität im Norden von Linz bis hinauf zum Softwarepark Hagenberg und dem dortigen Campus der FH Oberösterreich erstrecken. Und tatsächlich: Zwischen diesen beiden Innovations-Polen haben sich mittlerweile etliche neue Unternehmen angesiedelt, die selbst im hoffnungslos zersiedelten unteren Mühlviertel bereits so etwas wie eine Achse erkennen lassen.
Ist Nähe zu Kepler-Universität wichtig?
Wer jedoch tatsächlich in großen Technologieparks wie dem Silicon Valley in Kalifornien oder dem Research Triangle in North Carolina war, dem wird schnell bewusst, dass die geografische Nähe nicht ausschlaggebend ist. So ist das Silicon Valley von der Ausdehnung her größer als das gesamte Mühlviertel.
In der oberösterreichischen Vision sollte es also keine Rolle spielen, ob die neue Digitaluni oder auch ein Software-Unternehmen ein paar hundert Meter von der Johannes Kepler Universität entfernt wäre.
Worauf es letztlich wirklich ankommen wird, ist die Qualität des „Biotops“ aus Talenten, Kapitalgebern und Bildungs- und Forschungseinrichtungen – insbesondere im Zeitalter der Digitalisierung.
Räumlichkeiten allein schaffen keine Jobs
Dieser Ansatz der Konzentration ist für den Linzer Zentralraum auch nicht neu. Beispielhaft dafür ist die ehemalige Tabakfabrik. Nach dem Produktionsaus im Kulturhauptstadtjahr 2009 wurde das Industriearchitektur-Juwel in ein florierendes Kreativzentrum umgewandelt.
Zweifellos handelt es sich dabei um eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte, die sich mit sehr viel Augenmaß und Professionalität zugetragen hat. Allerdings würde es auch ohne die „Tschickbude“ in Linz sicherlich eine gut funktionierende kreative Szene geben – und es gab diese auch schon zuvor. Sie würde sich gegenwärtig eben nur über die Innenstadt verteilen, und vielleicht gäbe es jetzt da und dort auch weniger Leerstände und Wettbüros.
Die Schaffung von neuen Räumlichkeiten allein schafft noch keine zusätzlichen Arbeitsplätze. Dafür aber bringt sie häufig mit sich, dass die Infrastruktur adaptiert werden muss, bzw. neue Zu- und Abfahrten, Parkplätze etc. notwendig werden.
So hat auch das Kreativzentrum im architektonischen Ensemble der ehemaligen Tabakfabrik mittlerweile ein Parkplatzproblem, und mit der Fertigstellung des Quadrill-Towers in unmittelbarer Nähe rechnen die Anrainer fix mit steigender Verkehrs- und Lärmbelastung.