Doris Hummer Interview : Doris Hummer, WKO: "Ein Handelskrieg wäre die schlechteste Option"

Doris Hummer mit Mathis Fister, JKU Linz und Rechtsanwalt bei Haslinger/Nagele Rechtsanwälte: Österreich brauche einen Anti-Bürokratie-Anwalt, der bestehende und neue Gesetze prüft.
- © WKOÖ/RöblWIRTSCHAFTSNACHRICHTEN: Mit der Amtseinführung des neuen alten US-Präsidenten Trump ist eine durchaus disruptive Wirtschaftspolitik absehbar, die auch in einen Handelskrieg münden könnte. Welche Haltung wünschen Sie sich von der Europäischen Union gegenüber diesem – auch für Oberösterreichs Betriebe wichtigen – Handelspartner?
Doris Hummer: Eine selbstbewusste, aber auch eine pragmatische. Ein Handelskrieg wäre die schlechteste Option – für beide Seiten. Das gemeinsame Ziel muss sein, so viel Handel wie möglich zu haben. Denn Handel und Export bedeuten gerade für uns in Österreich und Oberösterreich Wohlstand.
Die USA waren im Vorjahr einer der wenigen Wachstumsmärkte für unseren Export. Der Hauptmarkt Deutschland war sehr schwach. Deshalb sind die Ausfuhren insgesamt zurückgegangen. Das heißt, wir müssen uns einerseits auch nach alternativen Märkten umsehen.
Das tun unsere Unternehmen bereits verstärkt. Freihandelsabkommen wie jenes mit den Mercosur-Ländern Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay und Uruguay sind eine willkommene Möglichkeit, sich breiter aufzustellen. Immerhin entsteht mit Mercosur die größte Freihandelszone der Welt mit 700 Millionen Menschen. Wachstumspotenzial gibt es auch in Südasien und im Nahen Osten.
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Andererseits müssen wir endlich die Kostenseite in den Griff bekommen. Wir sind vielfach nicht mehr um das besser, was wir teurer sind, und haben uns schlicht aus dem Markt gepreist.
Dafür gibt es drei zentrale Faktoren: Lohnstückkosten, Energiekosten, Bürokratiekosten. Wir haben dafür praktikable, realisierbare Vorschläge ausgearbeitet. Die Abgabenquote muss von 43 auf 40 unter Prozent.
Das hat unter anderem zwei positive Effekte: die Lohnstückkosten gehen runter und wenn netto mehr übrigbleibt, steigt auch die Leistungsmotivation. Oder bei der Bürokratie: Österreich braucht einen Anti-Bürokratie-Anwalt, der bestehende und neue Gesetze mit Hausverstand prüft. Und als Grundprinzip müssen für jedes bestehende Gesetz zwei bestehende abgeschafft werden.
Nur so kommen wir wieder runter mit der Regulierung. Man kann sich das kaum vorstellen: Ein durchschnittliches Unternehmen in Österreich muss 100.000 Paragrafen und Verordnungen beachten.
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"Das gemeinsame Ziel muss sein, so viel Handel wie möglich zu haben."
Doris Hummer beklagt einen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, der dringend zu korrigieren ist.
Standort-Check der WKO: schlechte Ausgangslage
Standortpolitik ist aus unserer Sicht die wichtigste Aufgabe, weil sich daran letztlich der künftige Wohlstand für uns alle entscheidet.
Die Ausgangssituation ist alles andere als gut, das zeigt der aktuelle Standort-Check der Wirtschaftskammer. Er vergleicht die EU-Länder anhand von 16 Kennzahlen. Demnach verliert Österreich im EU-Vergleich deutlich an Boden.
Das Jahr 2024 hat Österreich mit der voraussichtlich zweitschwächsten BIP-Entwicklung in der EU abgeschlossen. Auch bei zentralen Indikatoren wie Investitionen, Exporten und Arbeitsproduktivität gehört das Land zu den Schlusslichtern der Union. Hinzu kommt ein fortschreitender Verlust an Wettbewerbsfähigkeit, unter anderem verursacht durch einen überdurchschnittlich starken Anstieg der Lohnstückkosten.
Die Stimmung unter den Unternehmerinnen und Unternehmern in Oberösterreich ist gut. Wir brauchen aber heuer eine echte Trendumkehr. Wir müssen raus aus der Rezession.
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