Unternehmensführung : Geopolitische Risiken für Unternehmen: Wie Führungskräfte 2025 die Zukunft strategisch bewerten

Ein junger und ein älterer Manager auf dem Balkon eines Hochhauses, mit Sicherheitshelmen, blicken und zeigen auf einen Punkt in der Distanz.

Das Auseinanderklaffen bei der Bewertung geopolitischer Unsicherheiten hat Folgen für unternehmerische Resilienz und Strategie.

- © Adobe Stock/Tongpool

Wie reagieren Unternehmen auf eine Welt im geopolitischen Umbruch? Junge und etablierte Führungskräfte bewerten geopolitische Risiken anscheinend unterschiedlich.

Die aktuelle Ausgabe des „Voices of the Leaders of Tomorrow Reports 2025“ vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) in Kooperation mit dem St. Gallen Symposium gibt einen spannenden Einblick in die Sichtweise zweier Generationen.

Insgesamt wurden für die Studie 808 Nachwuchsführungskräfte unter 35 Jahren (Leaders of Tomorrow) und 275 Senior Executives aus umsatzstarken internationalen Unternehmen befragt. 

Das Auseinanderklaffen bei der Bewertung geopolitischer Unsicherheiten hat Folgen für unternehmerische Resilienz und Strategie.

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  • Portrait Fabian Buder vom Nürnberg Institut für Marktentscheidungen
    „Die aktuellen weltpolitischen Entwicklungen deuten darauf hin, dass es Ideen wie Kooperation und Arbeitsteilung schwerer haben, sich durchzusetzen. Unsere Umfrage offenbart, dass viele Firmenlenker von den Entwicklungen, obwohl sie sich abgezeichnet haben, überrascht waren. Unternehmen müssen sich hier künftig strategisch besser aufstellen und geopolitischen Entwicklungen mehr Aufmerksamkeit schenken.“

    Studienautor Fabian Buder vom NIM

Junge Talente erwarten Systemwandel, Etablierte hoffen auf Stabilität

72 Prozent der Leaders of Tomorrow sehen in den aktuellen geopolitischen Entwicklungen einen tiefgreifenden Wandel mit langfristigen Auswirkungen auf Märkte und Geschäftsmodelle. Von den Senior Executives teilen hingegen nur 39 Prozent diese Einschätzung.

Fast die Hälfte der erfahrenen Manager\:innen (49 Prozent) erwartet sogar positive Effekte auf Stabilität und Wohlstand. Ein Drittel der Nachwuchsführungskräfte blickt dagegen pessimistisch in die Zukunft.

„Die aktuellen weltpolitischen Entwicklungen deuten darauf hin, dass es Ideen wie Kooperation und Arbeitsteilung schwerer haben, sich durchzusetzen. Unsere Umfrage offenbart, dass viele Firmenlenker von den Entwicklungen, obwohl sie sich abgezeichnet haben, überrascht waren“, so Studienautor Fabian Buder vom NIM. 

Unternehmen müssten geopolitischen Risiken künftig mehr Aufmerksamkeit schenken, so Buder. Felix Rüdiger, Co-Autor des VOLOT-Reports, ergänzt: „Erfahrung ist wertvoll, aber sie hemmt, wenn sie an überholten Denkmodellen festhält, wo mutige Neuausrichtung gefragt ist.“

  • Portrait Felix Rüdiger, Co-Autor des VOLOT-Reports am St. Gallen Symposium
    „Erfahrung ist wertvoll, aber sie hemmt, wenn sie an überholten Denkmodellen festhält, wo mutige Neuausrichtung gefragt ist."

    Felix Rüdiger, Co-Autor des VOLOT-Reports am St. Gallen Symposium

Geopolitische Risiken für Unternehmen rücken in den strategischen Fokus

Jüngere Führungskräfte sehen geopolitische Risiken deutlich stärker als zentrale unternehmerische Herausforderung. 59 Prozent von ihnen bewerten diese Risiken als gravierender als wirtschaftliche oder technologische Veränderungen

Bei den etablierten Manager\:innen sind es hingegen "nur" 46 Prozent.

Zugleich glauben 83 Prozent der Senior Executives, dass geopolitische Unsicherheit durch Szenarioplanung und prädiktive Analysen beherrschbar ist. Nur 57 Prozent der jüngeren Generation teilen dieses Vertrauen in strategische Planbarkeit.

„Jüngere Führungskräfte sind in ständig beschleunigte, dezentralisierte Systeme eingebettet – sie sehen den Wandel nicht nur, sie durchleben ihn“, sagt Nimrod Malinas. Der 28-Jährige ist Gründer und CEO von Robonnement, einem Robotics-Start-ups in der Schweiz.

Europa sieht sich den gravierenden Folgen globaler Umbrüche gegenüber: Zerbrochene Handelsbeziehungen, sinkende Wettbewerbsfähigkeit und steigende Sicherheitsrisiken erschüttern das wirtschaftliche Fundament des Kontinents. In dieser Situation stellen sich grundlegende Fragen: Welche Wirtschaftspolitik kann Stabilität und Wohlstand in einer sich rasant verändernden Welt sichern? – Das Closing Panel des 54. St. Gallen Symposiums.

Neue Generation fordert gesellschaftlichen Beitrag von Unternehmen

Neben geopolitischer Handlungsfähigkeit spielt auch unternehmerische Verantwortung eine zunehmend wichtige Rolle. 75 Prozent der Nachwuchsführungskräfte fordern, dass Unternehmen aktiv zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen. Unter den erfahrenen Führungskräften liegt dieser Anteil bei 42 Prozent.

Auch beim Thema politisches Engagement zeigen sich Unterschiede: Während 31 Prozent der „Leaders of Tomorrow“ Unternehmen als politische Akteure sehen wollen, teilen nur 17 Prozent der etablierten Manager\:innen diese Ansicht.

„Was jetzt am meisten zählt, ist die Einsicht, dass gefährdete Gruppen sofortige Maßnahmen benötigen. Investitionen müssen in regenerative, integrative und dezentrale Lösungen fließen“, sagt Anna Beserra. Die 27-Jährige ist Gründerin und CEO von Sustainable Development & Water for All, ein Wasser-Start-up aus Brasilien.

Multipolare Weltordnung verändert die geopolitische Landkarte

Die Studie zeigt zudem, dass junge Führungskräfte eine Machtverschiebung weg vom Westen erwarten. Organisationen wie NATO, EU oder G7 sehen sie zunehmend unter Druck.

Wie sich Europa neu erfinden kann – und muss

Auch im Hinblick auf die Beziehungen zwischen China und den USA erwarten 69 Prozent der jungen Befragten eine Verschärfung des geopolitischen Wettbewerbs, einschließlich wirtschaftlicher Entkopplung und Lieferkettenverlagerung

Die Senior Executives sind hier gespalten – etwa die Hälfte rechnet mit Eskalation, die andere Hälfte mit Kooperation.

Europa gegen USA und China: Was tun gegen Investitionsrückgang und Wettbewerbsverlust?

Führungskräfte 2025 wünschen mehr Beteiligung, erleben oft Gegenteil

Trotz eines weitgehenden Konsenses über die Notwendigkeit generationenübergreifender Zusammenarbeit (beide Gruppen sehen darin Potenzial für effektivere Führung), berichten 63 Prozent der Leaders of Tomorrow von Zurückhaltung oder Widerstand durch ältere Generationen.

Innovative Konzepte wie Co-Leadership, rotierende Projektverantwortung oder generationenübergreifende Tandems könnten laut Studie helfen, diesen Graben zu überbrücken – und Unternehmen zukunftsfähiger zu machen.

Strategische Empfehlungen: Unternehmen müssen geopolitische Intelligenz aufbauen

Die Studienautoren betonen: Geopolitische Risiken für Unternehmen erfordern neue Fähigkeiten auf organisatorischer, strategischer und kultureller Ebene.

Empfohlen werden u. a.:

* Der Aufbau interner Analyse- und Frühwarnsysteme
* Die Stärkung globaler Partnerschaften
* Die aktive Einbindung junger Führungskräfte in strategische Entscheidungen
* Investitionen in Nachhaltigkeit, Resilienz und Ethik

Die zentrale Botschaft: Wer heute vorbereitet ist – technologisch, strategisch und kulturell –, kann die geopolitische Komplexität von morgen aktiv gestalten.

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