Finanzierung : Startups auf der Suche nach Wachstumskapital
Die heimische Start-up-Branche verzeichnet aktuell einen leichten Durchhänger. Wurden 2021 hierzulande noch 352 Start-ups neu gegründet, waren es im Jahr darauf nur noch 206 Gründer, die diesen Schritt gewagt haben.
„Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Gründungen 2023 noch einmal gesunken ist“, sagt Hannah Wundsam, Managing Director des Vereins Austrian Start-ups. Zurückgegangen ist von 2022 auf 2023 weiters die Zahl jener, die die Geschäftslage als gut oder sehr gut beurteilten – und zwar von 47 auf 41 Prozent. Doch es gibt auch gute Nachrichten: „Die bestehende Start-up-Szene entwickelt sich weiter und wird erwachsen“, sagt Wundsam.
Demnach würden die Unternehmen im Durchschnitt 12,3 Mitarbeiter beschäftigen, insgesamt kämen sie damit auf rund 30.000 Beschäftigte. „80 Prozent der Start-ups haben bei der Befragung für den Austrian Start-up-Monitor 2023 angegeben, in den nächsten Monaten weitere Mitarbeiter anstellen zu wollen. Damit sind sie weiter ein Wachstumsfaktor und Wachstumstreiber“, so Wundsam.
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„Die bestehende Start-up-Szene entwickelt sich weiter und wird erwachsen. 80 Prozent der Start-ups haben angegeben, in den nächsten Monaten weitere Mitarbeiter anstellen zu wollen. Damit sind sie weiter ein Wachstumsfaktor und Wachstumstreiber.“
Hannah Wundsam, Managing Director des Vereins Austrian Start-ups
Kleinere Finanzierungsrunden
Um zu wachsen, braucht es allerdings auch Kapital – dieses aufzustellen, ist, so sagen immerhin 57 Prozent der Start-ups, schwieriger geworden. So sind im Vorjahr rund 695 Millionen Euro an Investitionen in heimische Start-ups geflossen. Im Jahr 2022 hingegen stellten Investoren noch eine Milliarde Euro zur Verfügung, 2021 waren es sogar noch 1,23 Milliarden Euro.
Allerdings: Die erwähnten 695 Millionen Euro sind EY zufolge aber immer noch die größte lukrierte Summe mit Ausnahme der Boomjahre 2021 und 2022. Und noch etwas hat sich gezeigt: Die Finanzierungsrunden sind im Vorjahr im Vergleich zu den beiden Jahren zuvor bedeutend kleiner geworden. Das durchschnittliche Volumen der Deals, bei denen eine Summe veröffentlicht wurde, ging um rund die Hälfte (51 Prozent) von 8,92 Millionen Euro (2022) auf 4,35 Millionen Euro zurück.
Doch auch in diesem Zusammenhang gibt es etwas Positives: EY zufolge ist die Zahl der Finanzierungsrunden entgegen dem internationalen Trend um rund 22 Prozent auf eine neue Bestmarke von 151 auf 184 gestiegen.
„Die aktuelle Entwicklung des Start-up-Ökosystems in Österreich hat zwei Seiten: Zum einen ist ein Anstieg der Finanzierungsrunden auf einen neuen Höchstwert in diesem herausfordernden Umfeld ein starkes Signal. Auf der anderen Seite gibt es, wie momentan überall auf der Welt, einen deutlichen Rückgang der Mega-Runden und Volumina, die in Österreich sehr stark von rein international besetzten Investorengruppen getrieben sind“, sagt dazu Florian Haas, Head of Startup bei EY Österreich.
Zwar habe es 2023 einen Rekordwert an rein von internationalen Investorengruppen getragene Runden gegeben, allerdings in früheren Phasen und mit deutlich geringeren Volumina, so Haas weiter.
Gerade für stark wachsende Start-ups und Scale-ups sei das eine gefährliche Entwicklung: „Bei Wachstumsfinanzierungen können einheimische Investoren oft (noch) nicht, internationale Geldgeber wollen aktuell nicht. Ziel muss es sein, dass heimische Start-ups auf Wachstumskurs das Kapital bekommen, das sie für ihre Skalierung benötigen – und dass der Anteil der heimischen Investoren dabei deutlich steigt“, so Haas weiter. Und Wundsam ergänzt: „Gelingt das nicht, besteht das Risiko, dass die Start-ups ins Ausland abwandern oder verkauft werden. Damit gehen für Österreich Wertschöpfung und Innovation verloren.”
Nur zwei Prozent des Venture Capitals fließen in frauengeführte Start-ups
Die Politik sollte daher mehr Anreize für externes, heimisches Risikokapital setzen, so Wundsam. Eine gute Möglichkeit wäre beispielsweise, wenn mehr institutionelle Investoren in Start-ups investieren würden. „Damit wäre der Zugang zum Venture Capital Market demokratisiert und es wäre mehr lokales Wachstumskapital vorhanden“, ist sie überzeugt. Um das Risiko für den einzelnen institutionellen Investor zu reduzieren, könnte ein österreichischer Dachfonds, in den jeder einen gewissen Beitrag einzahlen sollte, geschaffen werden.
„Dieser könnte dann in Start-ups investieren“, so Wundsam. Eine andere Möglichkeit, um mehr Investitionen lukrieren zu können, sei ein Investitionsfreibetrag. „Nur eine nachhaltige Stärkung des heimischen Kapitalmarkts und dringend notwendige Anreize für Risikokapital-Investitionen von Privatpersonen und institutionellen Investoren können langfristig internationales Wachstum antreiben“, ist auch Haas überzeugt.
In diesem Zusammenhang gibt es aber noch eine Schraube, an der gedreht werden sollte. „Es braucht mehr Investoren, die in frauengeführte Start-ups investieren“, sagt Wundsam. Demnach würden weltweit nur zwei Prozent des Venture Capitals in diese fließen. Das liege nicht nur daran, dass generell nur wenige Frauen Start-ups gründen – hierzulande sind 17 Prozent der Gründer weiblich, und nur in 33 Prozent der Co-Founder-Teams ist eine Frau an Bord – und dann meist in weniger kapitalintensiven Bereichen. Auch das Vertrauen frauengeführten Start-ups gegenüber scheint bei den meist männlichen Investoren geringer ausgeprägt zu sein: „Eine WU-Studie hat gezeigt, dass Frauen von Investoren mehr zu den Risiken befragt wurden, Männer hingegen zu den Potenzialen und Chancen“, sagt Wundsam.