Wohnraum : Geht die KPÖ die Wohnraumpolitik besser an?
Von der Mur- bis zur Mozartstadt reicht der lange Arm des Kommunismus. Die jüngsten Wahlerfolge der KPÖ sind, auch wenn wir nicht vor der großen proletarischen Revolution stehen, in gewisser Weise bemerkenswert.
Tritt hier eine neue Protestpartei des linken Spektrums auf den Plan? Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Kommunistische Partei Österreichs eigentlich zum alten Kanon der österreichischen Parteienlandschaft gehört. Sie wurde am 3. November 1918 in Wien-Favoriten gegründet. Damit war sie praktisch von Beginn der Ersten Republik an auf den Wahlzetteln vertreten.
Bald zeigte sich aber, dass das Programm der Sozialdemokratie wesentlich demokratiekompatibler war, weshalb der Kommunismus - auch angesichts der menschenverachtenden Politik in der Sowjetunion - hierzulande bald wieder unter der Wahrnehmungsgrenze verschwand. Bei der Gründung der Zweiten Republik war die KPÖ zwar aktiv beteiligt. So stellte sie in der Provisorischen Staatsregierung 1945 unter Karl Renner mehrere Staatssekretäre, einerseits aufgrund ihrer Widerstandstätigkeit im Nationalsozialismus, andererseits aufgrund des Einflusses der sowjetischen Besatzungsmacht. Bei den Nationalratswahlen 1945 erreichte sie aber nur 5,4 Prozent der Stimmen, womit sie zwar im Parlament verblieb, aber bald keine politische Rolle mehr spielte.
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Mit dem „Grazer Drehbuch“ zum Erfolg
Erst Anfang der 2000er-Jahre ging der kommunistische Stern wieder auf, als mit dem ehemaligen Sozialdemokraten Ernest Kaltenegger als Spitzenkandidat die KPÖ in Graz plötzlich wieder über 20 Prozent der Stimmen errang. Es ist nicht zufällig, dass dieses Ergebnis mit einem starken Stimmenverlust der SPÖ (und damals noch von FPÖ) einherging. Es folgte alsbald auch der Wiedereinzug in den steirischen Landtag und die KPÖ wurde zur fixen Kraft in der grünen Mark. Unter Kaltenegger wurde die Grazer Erfolgsstrategie der Kommunisten geschaffen: Spenden und Wohnen.
Das sind die zwei Hauptthemen, mit denen es Jahre später seiner Nachfolgerin Elke Kahr gelang, den Bürgermeistersessel in Graz zu erobern und die auch in Salzburg dazu reichten, die KPÖ einerseits mit über elf Prozent in den Landtag zu katapultieren und andererseits in der Stadt Salzburg in die Bürgermeister-Stichwahl zu kommen. Der Salzburger Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl, der einst bei den jungen Grünen war, hat sich ganz bewusst von Graz abgeschaut, wie man mit dem Label „Kommunismus“ in Österreich Wahlen gewinnen kann.
In der Wohnraumpolitik gerät die KPÖ zum paternalistischen Rationalisten, der den Menschen genau vorschreiben will, wie man wohnen soll, wie viele Quadratmeter pro Kopf angemessen sind und wie man seine vier Wände moralisch anständig nutzt.
Wohnbaupolitik: Eine Lösung für alles
Die ORF-Satiriker von Maschek haben kürzlich den Salzburger Spitzenkandidaten der KPÖ, Kay-Michael Dankl, gekonnt auf die Schippe genommen und die aberwitzigen Wohnvorstellungen der KPÖ persifliert. Im Sketsch wird etwa das Salzburger Bürgermeisteramt zum Sozialwohnbau umgerüstet. Da würden sich etliche Einliegerwohnungen ausgehen. Gekonnte Satire, aber mit einem Stückchen Wahrheit, nämlich was die wohnpolitischen Vorstellungen der Kommunisten anbelangt.
Dass es die KPÖ geschafft hat, mit ihrer Spendentätigkeit und dem Auftreten ihrer Mandatare einen neuen Typus Politiker populär zu machen, der volksnah und quasi als „Normalo“ agiert, darf man ihr gutschreiben. In der Wohnraumpolitik gerät die KPÖ aber zum paternalistischen Rationalisten, der den Menschen genau vorschreiben will, wie man wohnen soll, wie viele Quadratmeter pro Kopf angemessen sind und wie man seine vier Wände moralisch anständig nutzt.
Leerstand, Zweitwohnsitze und große Altbauwohnungen sind die erklärten Feindbilder im Kampf um eine gerechte Verteilung von Wohnraum. Sowohl in Graz als auch in Salzburg hat die KPÖ mit Wohnen gepunktet, dabei könnten beide Städte wohnpolitisch kaum unterschiedlicher aufgestellt sein. Salzburg hat weit höhere Wohnkosten, ein viel knapperes Wohnungsangebot, aber einen höheren Anteil an Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen als Graz.
Die steirische Landeshauptstadt hingegen hat seit dem Jahre 2010 eine sehr aktive private Wohnbautätigkeit zugelassen und in den Jahren 2011 bis 2017 deutlich über den Bedarf gebaut. In Graz waren die Kommunisten seit den späten 1990er-Jahren bis 2017 für Wohnbau zuständig. Dennoch beträgt der Anteil von Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen in Graz nur rund 15 Prozent, in Salzburg ist dieser bei rund 25 Prozent.
Graz: KPÖ seit Jahren in der Verantwortung
Obwohl die KPÖ in der steirischen Landeshauptstadt seit Jahren immer wieder aktiv für die Wohnbaupolitik verantwortlich war, kann sie mit dem Beklagen des Mangels an leistbarem Wohnraum gleichzeitig Stimmung gegen die „Verbauung“ machen, ohne dass den Wählerinnen und Wählern dieser Widerspruch auffällt. Im Gemeinderatswahlkampf 2021 konnte die KPÖ vor allem gegen die hohe Bautätigkeit und Verbauung in Graz mobilisieren und damit sogar den langjährigen Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) aus dem Amt heben.
Dass aber genau diese hohe Bautätigkeit einerseits aufgrund des starken Bevölkerungswachstums der Stadt notwendig war und andererseits die Preise vergleichsweise niedrig und das Angebot hochgehalten hat, kommt in der Erzählung der KPÖ nicht vor. Egal ob zu viel oder zu wenig gebaut wird, die KPÖ versteht es, den Wohnbau für sich zu instrumentalisieren.
Das verfängt bei den Wählern, denn die Forderung nach „günstigem Wohnen“ zieht immer. Fragt man danach, wie viele Genossenschafts- oder Gemeindewohnungen die KPÖ in Graz tatsächlich auf den Weg gebracht hat, fällt die Bilanz beschaulich aus. Für die aktuelle Legislaturperiode plant man gerade einmal 300 kommunale Wohnungen. Konkrete Projekte gibt es aber noch nicht. Die aktuellen Bauprojekte in Graz wurden fast zur Gänze von der Vorgängerregierung beschlossen. Wer sich seit dem Amtsantritt von Bürgermeisterin Kahr große Sprünge in der Wohnpolitik erwartet hat, wurde enttäuscht.
Große öffentliche Wohnprojekte hat man in Graz bisher nicht auf den Weg gebracht. Auch wurde gegen den Preisanstieg bei den Mieten nichts erreicht. Durch restriktive Bauvorschriften hat man das Wohnen sogar verteuert, z.B. müssen Balkone und Laubengänge in Graz zur Quadratmeteranzahl einer Wohnung hinzugezählt werden. Das verteuert Quadratmeterpreise im Schnitt um zehn Prozent. Außerdem haben die Immobilieninvestoren inzwischen die Nase voll und machen einen Bogen um die Stadt. In Graz hat die kommunistische Wohnpolitik bisher keines ihrer Ziele erreicht. Eindämmung der Wohnpreise gelang nicht, leistbarer Wohnraum wurde bisher nicht in nennenswerter Zahl projektiert und aufgrund der geringen Neubautätigkeit droht in den nächsten Jahren sogar eine Wohnungsmangellage in Graz. Das Grazer Drehbuch scheint für den Wahlkampf in Salzburg funktioniert zu haben, ob aber die Wohnpolitik der KPÖ in der Mozart-Stadt bessere Ergebnisse bringen wird, darf man bezweifeln.
Sieht man sich jedoch jene Städte in Österreich an, die einen sehr hohen Anteil an Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen haben, fällt auf, dass die Kommunisten dort wenig Chancen haben. Neulich bei der Gemeinderatswahl in Innsbruck blieben sie eine Randerscheinung, wenn auch mit relativ hohen Zugewinnen. In Linz, Wien oder Klagenfurt sind sie hingegen kaum präsent. Diese Städte haben einen besonders hohen Anteil öffentlicher Wohnbauten. Hier scheinen die süßen Wohnträume der Kommunisten nicht aufzugehen.