Trump und die konservative Wende : Neue Herausforderungen für Österreichs Wirtschaftspolitik
Donald Trumps Machtfülle ist umfassend: die Republikaner haben nicht nur im Senat und Repräsentantenhaus eine Mehrheit, sondern dominieren auch den obersten Gerichtshof.
2024 wurde auch in Indien die hindu-nationalistische Politik von Narendra Modi erneut bestätigt und in der EU gab es nicht nur bei der Wahl zum EU-Parlament deutliche Verschiebungen zu rechten und konservativen Parteien, auch auf nationaler Ebene der EU-Mitgliedsstaaten zeichnet sich eine deutliche konservative Wende ab.
Reminiszenz der 1930er Jahre
Viele aktuelle Umbrüche erinnern an die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Diese waren geprägt von Wirtschaftskrisen, Konjunktureinbrüchen und einer stark protektionistischen Wirtschaftspolitik. Der britische Ökonom John Maynard Keynes plädierte damals für einen Staatsinterventionismus in der Wirtschaft, der durch höhere öffentliche Ausgaben, etwa für Infrastruktur, die Märkte ankurbeln sollte. Das war die Grundlage für den New Deal in den USA.
Die Wirtschaftspolitik in den USA als auch in der Europäischen Union orientiert sich heute wieder stark an Keynes. Ob Green Deal oder Industrial New Deal sowie auch der Draghi-Plan: die wirtschaftspolitischen Konzepte von Brüssel zielen auf eine enorme Investitionspolitik ab, die die Märkte stimulieren soll. Auch die USA sowie China verfolgen eine ähnliche Politik. Doch die Finanzierung ist unklar und eine Sparpolitik der Staaten ist daher heute wie damals riskant. Neue Wege der Staatsfinanzierung müssen gefunden werden.
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Multipolares Weltwährungssystem
Das westlich geprägte Weltwährungssystem ist überschuldet. Und anders als in den 1930er Jahren gibt es ein massives Produktivitätsproblem ausgelöst durch den demographischen Wandel in den G7-Staaten. Ohne Produktivitätszuwachs verpufft jede Schuldenpolitik in Form ansteigender Inflation.
Währungspolitisch sind daher Umbrüche vorprogrammiert. Trump stellt eine Reform der Federal Reserve in den Raum und kokettiert mit Bitcoin. Die BRICS-Staaten, die aufgrund ihres Rohstoffreichtums zunehmend einen Handelsbilanzüberschuss gegenüber den westlichen G7-Staaten erzielen, sind mit der Schaffung einer eigenen Handelswährung zwar vorerst gescheitert, doch weitere Anläufe sind vorprogrammiert.
Europa lässt aktuell kein währungspolitisches Konzept erkennen, das auf die Veränderung im Weltwirtschaftssystem reagiert. In Europa verliert der Euro an Kaufkraft und im Außenhandel verliert er gegenüber den US-Dollar und anderen Währungen an Relevanz. Ein neuer Bretton-Woods-Moment rückt näher. Die Welt könnte schon 2025 das Aufkommen zweier Weltwährungssysteme erleben, die sich konträr gegenüberstehen. Westlicher Zentralbankenkapitalismus einerseits, und ein durch Edelmetall- und Rohstoffe gedeckts Währungskonglomerat der BRICS-Staaten. Die institutionelle Basis dafür steht in den Startlöchern.
Government-to-Government (G2G) Geschäfte werden in der nächsten Dekade zu einem Schlüsselelement für exportorientierte Staaten. Der Wettbewerb wird auf den Binnenmarkt verlagert.
Neue Ära der Government-to-Government Geschäfte
Konservative politische Kräfte setzen weltweit auf Protektionismus der eigenen Märkte und der eigenen Wirtschaft. Die Strategie dagegen wäre Diversifizierung der Exportmärkte. Aufgrund verschlechternder Wettbewerbsbedingungen in Europa und speziell in Ländern wie Deutschland und Österreich, sind einzelne Unternehmen nicht mehr in der Lage, ohne staatliche Unterstützung auf den Weltmärkten zu reüssieren. Einerseits durch staatliche Förderungen, die komparative Wettbewerbsnachteile ausgleichen, andererseits durch aktive Handelspolitik der Regierungen, um neue Märkte zu erschließen. Wir stehen vor einer neuen Ära der strategischen Handelsabkommen zwischen Staaten.
Government-to-Government (G2G) Geschäfte werden in der nächsten Dekade zu einem Schlüsselelement für exportorientierte Staaten. Dies wird vor allem im Technologie- Energie- und Rohstoffbereich von zentraler Bedeutung. Für Europa und Österreich macht dies das Vorantreiben von neuen Handelsabkommen unabdingbar. G2G-Geschäfte werden aber nicht nur im außereuropäischen Handel von Bedeutung sein, sondern auch innerhalb des EU-Binnenmarktes.
Wettbewerb der Binnenmärkte
Protektionismus und ökonomischer Autarkismus standen in der Vergangenheit durchaus konträr zum klassischen Neoliberalismus. Interessanterweise steuert die Welt auf einen Paarlauf beider Ansätze zu. Protektionismus nach außen, freies Spiel der Kräfte nach innen. Donald Trump bereitet auf dem inneramerikanischen Markt eine beispiellose Deregulierung vor, die maßgeblich von den Ideen des Milliardär Elon Musk geprägt sein wird. Der Wettbewerb wird auf den Binnenmarkt verlagert. Auch in China ist dies zunehmend in gewissen Sektoren ersichtlich. Abschottung durch Zölle nach außen, Förderung des freien Wettbewerbs nach innen durch Anreiz- und Förderpolitik, denn Pekings Subventionspolitik orientiert sich stark danach, wer sich am Markt durchsetzen kann. Komparativer Wettbewerbsnachteile im Außenhandel werden durch Zollschranken ausgeglichen während wettbewerbsfördernde Subventionen auf dem Binnenmarkt Innovation fördert.
Internationale Zollregime werden dazu führen, dass Preisdifferenzen im Außenhandel an Bedeutung verlieren und mehr die Qualität der Produkte bzw. die Wertschöpfungstiefe in Vordergrund stehen.
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Militarisierung der Märkte
Der oberste NATO-General Rob Bauer hat wiederholt Unternehmen in Europa dazu aufgerufen, sich „kriegsbereit“ zu machen. Seit rund einem Jahr treibt die EU-Kommission die Vorbereitung auf Kriegswirtschaft voran. Für die Nationalstaaten bedeutet das eine Steigerung der Verteidigungshaushalte auf weit über zwei Prozent des BIPs. Für Unternehmen wird es daher zunehmend von Bedeutung, militärstrategische und geopolitische Aspekte bei Lieferketten, Fachkräften und Energieversorgung zu berücksichtigen.
Die deutsche Bundesregierung hat beispielsweise einen Leitfaden für Logistikunternehmen für den Kriegsfall mit Russland herausgebracht. Da im Kriegsfall ein eklatanter Mangel an Lkw-Fahrern drohe, brauche es den Aufbau von Arbeitskraft-Reserven in strategischen Bereichen. Die konservative Wende führt auch zunehmend eine Verschränkung von Militär und Wirtschaft in Europa herbei, die für absehbare Zeit deterministisch für das wirtschaftspolitischen Handeln sein wird – ungeachtet davon, ob Trump den Ukraine-Krieg stoppt oder nicht.
Konservative Wertekultur in der Wirtschaft
Auf die konservative Wende müssen nicht zuletzt auf die Unternehmen in ihrer Unternehmenskultur reagieren. „Go woke, go broke“ setzt sich in den Köpfen der Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger durch.
So gibt es bereits zahlreiche Beispiele, wo woke Firmenpolitik zu massiven Umsatzeinbußen führten. Vor allem im USA-Geschäft wird das eine Rolle spielen. Die konservative Wende spielt auch bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine zunehmende Rolle. Die Generation Z wünscht sich laut Umfragen wieder mehr Sicherheit im Arbeitsleben. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gilt zwar als progressive Agenda, wird aber zunehmend von konservativen Sichtweisen ergänzt. In den USA aber auch in mehreren europäischen Ländern gibt es die Tendenz, dass Unternehmen ein intaktes Familienleben fördern und ermöglichen sollen. In der Firmenkultur sowie in der Kommunikation werden Traditionsbewusstsein und Beständigkeit trotz eines allgegenwärtigen Innovationsdrucks zu wichtigen Imagewerten. Der Zeit offener Grenzen und der schrankenlosen Arbeitsmigration dürfte ebenfalls eine Kehrtwende bevorstehen, was den Fachkräftemangel in einigen Ländern verschärfen wird. Die Deckung des Arbeitskräftebedarfs durch die eigene Bevölkerung wird daher zunehmend wieder Gegenstand der Politik, ebenso wie eine wettbewerbsorientierte Standortpolitik um die besten Köpfe weltweit. Starke Sozialstaaten werden gefordert sein, die Steigerung der Produktivkräfte bei der Arbeitsmigration in den Vordergrund zu stellen, während Einwanderungsgesetze nur dort laize fair bleiben werden, wo keine ausgeprägten sozialstaatlichen Strukturen vorherrschen.
Die konservative Wende wird polarisieren und vielen nicht schmecken. Wie lange diese Wende anhält, ist ungewiss, doch sie ist als Korrektiv auf Entwicklungen der letzten Jahre zu verstehen. Unternehmen und Staaten müssen sich auf diese neuen Gegebenheiten einstellen.