Tourismus Westösterreich : Warum die Löhne und Gehälter den Tourismus gefährden

Ein Kellner in der Tourismusbranche deckt einen Tisch.

Eine erfolgreiche Saison steht und fällt auch mit dem Team. Um die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden, braucht es neben entsprechender Bezahlung eine Reihe von Maßnahmen, die den Ansprüchen und Forderungen der Beschäftigten entsprechen.

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Die Löhne und Gehälter haben angezogen. Nach der Erhöhung im Jahr 2022 um sechs Prozent (branchenüblich 2,8) kam es 2023 zu einer Erhöhung um 8,7 und 2024 um insgesamt 8 Prozent.

Das bedeutet unter dem Strich, dass die Löhne und Gehälter seit 2022 um insgesamt 24,4 Prozent gestiegen sind und bereits 42 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen.

Petra Nocker-Schwarzenbacher ist Hotelierin in St. Johann im Pongau und langjährige Tourismus-Spartenobfrau in der Wirtschaftskammer. Sie sieht allein an diesen Zahlen, dass der Plafond ungesunden Wirtschaftens erreicht ist. Denn der finanzielle Aufwand dafür ist nicht mehr allein aus dem ohnehin schon marginalisierten Unternehmensgewinn zu leisten.

Die Konsequenz daraus ist, dass die Zimmerpreise empfindlich erhöht werden mussten, um überhaupt ein halbwegs zufriedenstellendes Betriebsergebnis erzielen zu können. Konkret kam es 2024 zu einer Erhöhung um sechs Prozent.

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Noch haben die Gäste die Preiserhöhung ohne merkliches Murren zur Kenntnis genommen, aber es lässt sich doch deutlich erkennen, dass die Großzügigkeit beim Konsumieren darunter leidet.

„Damit signalisiert der Gast sehr wohl, dass die Erhöhungen bei ihm angekommen sind und er reagiert entsprechend“, so die Wahrnehmung der Hotelierin im täglichen Geschäft.

Und um das Bild dieser Kettenreaktionen abzurunden, darf der Hinweis auf die stark schwindende Bereitschaft Trinkgeld als Dank und Anerkennung für eine erbrachte Dienstleistung zu geben, nicht fehlen. Dieser Umstand greift zweifellos in die DNA österreichischer Gastlichkeit ein. Denn hier gehört eine gelungene zwischenmenschliche Beziehung mit Geben und Nehmen im Sinne von Dienstleistung gegen geldwerte Anerkennung in Form von Trinkgeld zur Selbstverständlichkeit.

Neben dem Verlust des Körberlgeldes schmerzt der Ausdruck fehlender Anerkennung. Und der Ruf nach Kompensation durch den Arbeitgeber folgt auf dem Fuß.

Durchgehende Beschäftigung und Rot-Weiß-Rot-Card

Eine erfolgreiche Saison steht und fällt auch mit dem Team. Um die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden, braucht es neben entsprechender Bezahlung eine Reihe von Maßnahmen, die den Ansprüchen und Forderungen der Beschäftigten entsprechen.

Im Zentrum steht dabei eine durchgehende Beschäftigung, auch in den umsatzschwachen Monaten der Nebensaison. Langfristig angelegte und auf die individuellen Wünsche und Bedürfnisse ausgerichtete Dienstpläne sind genauso eine Selbstverständlichkeit wie die komfortable Unterbringung und Verpflegung. Um dies alles auch finanzieren zu können, ist eine Senkung der Lohnnebenkosten das Gebot der Stunde.

Für die Möglichkeit der Anwerbung und Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Drittstaaten ist das Kontingent entsprechend auszuweiten. Die Rot-Weiß-Rot-Card ist an die aktuellen Herausforderungen im Tourismus anzupassen, damit sie umfassender genutzt werden kann.

„Um die Situation auf dem Arbeitsmarkt langfristig zu entspannen, gilt es auch, an unserer Willkommenskultur zu arbeiten und sie teilweise sogar neu zu erschaffen“, so Petra Nocker-Schwarzenbacher.

Aber auch die Mangelberuf-Lehre für Drittstatten ist essenziell. Dadurch kann neues Personal bestens ausgebildet für die Zukunft an die heimischen Betriebe gebunden werden, um für beide Seiten neue Perspektiven zu schaffen und kulturelle Vielfalt zu fördern.

Petra Nocker-Schwarzenbacher ist Hotelierin in St. Johann im Pongau und langjährige Tourismus-Spartenobfrau in der Wirtschaftskammer: „Notwendige Preissteigerungen haben die Schmerzgrenze erreicht. Mehr geht nicht mehr.“
Petra Nocker-Schwarzenbacher: „Notwendige Preissteigerungen haben die Schmerzgrenze erreicht. Mehr geht nicht mehr.“ - © Brückenwirt

Ungebrochene Reiselust trotz globaler Herausforderungen

Die alljährliche Sommerpotenzialstudie, durchgeführt von der Österreich Werbung und dem Institut für Tourismus- und Bäderforschung, bot beeindruckende Ergebnisse. In zehn europäischen Märkten, darunter Deutschland, Schweiz und erstmals Frankreich, gaben 80 Prozent der Befragten an, im Sommer 2024 zu verreisen.

Besonders erfreulich: Eine Million mehr als im Vorjahr wollen Österreich als ihr Urlaubsziel wählen.

"Das Lebensgefühl Österreich steht hoch im Kurs," führte dazu Astrid Steharnig-Staudinger, Geschäftsführerin der Österreich Werbung, aus. Sie hob dabei die Bedeutung der einzigartigen Natur und Kulinarik, die das Land so attraktiv machen, hervor.

Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler wies auf die verbesserten wirtschaftlichen Bedingungen der Gäste hin, was konkret bedeutet, dass ihnen mehr Geld und Zeit für den Urlaub als im letzten Jahr zur Verfügung stünden".

Spiegeln sich diese positiven Aussichten auch in den gestiegenen Buchungszahlen wider? Nein, das ist nicht der Fall. Denn für die drei westlichen Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg zeigt die Statistik auf, dass die Zahlen des Vorjahresergebnisses, wenn überhaupt, dann nur knapp erreicht werden.

„Auf Basis der zur Verfügung stehenden Zahlen von Mai und Juni kann in Vorarlberg das Gesamtergebnis hinsichtlich der Auslastung das hohe Niveau des vergangenen Jahres erreicht werden“, wie es in einer Fragebeantwortung heißt.

Auch aus Tiroler Sicht kann, was Ankunfts- und Nächtigungszahlen betrifft, eine zufriedene Bilanz gezogen werden. „Zur Halbzeit der Sommersaison, also für den Zeitraum Mai bis Juli, bilanzieren wir mit einem stabilen Ergebnis: Die Ankünfte liegen 0,1 Prozent über dem Vorjahreszeitraum, die Nächtigungen sind leicht um 1,2 Prozent gewachsen“, so die Darstellung von Karin Seiler, Geschäftsführerin der Tirol Werbung.

Und sie führt weiter aus, „dass der Tourismus in unserem Land zu Recht als Leitbranche gilt, er bildet ein wesentliches Fundament für Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Auch die Nachfrage nach Urlaub in Tirol ist auf einem stabil hohen Niveau. Wo wir allerdings hinschauen müssen, ist das Thema Arbeitskräfte: Der Fachkräftemangel wird die Branche weiterhin beschäftigen. Daher setzen wir ab dem Herbst einen Schwerpunkt zum Employer Branding. Auch Wirtschaftlichkeit und Ertragslage müssen wir im Auge behalten, wenngleich ich für die Tourismusbranche noch keine Schieflage befürchte“.

Die Sicht der Hotelierin Petra Nocker-Schwarzenbacher, die in den Jahren von 2014 bis 2020 in der Wirtschaftskammer als Spartenobfrau wirkte, hört sich naturgemäß etwas differenzierter an. Bei einem wöchentlichen Arbeitseinsatz von 60 Stunden schaut am Monatsende weniger heraus, als der Mitarbeiter verdient.

„Das sollte nicht mehr als eine Veranschaulichung sein“, betont sie, „wie es in der Praxis um die Zunft bestellt ist“, denn es gibt schon zu denken, dass heuer bei fast gleicher Auslastung wie im Vergleichszeitraum 2023 um sechs Prozent weniger Umsatz geschrieben werden kann. „Es geht nicht ums Jammern und Panik schieben“, fügt sie hinzu, „wir sitzen im Boot und konzentrieren uns aufs Rudern, damit wir das Land erreichen“.

Karin Seiler, Geschäftsführerin der Tirol Werbung: „Die quantitative Entwicklung sagt natürlich nichts über die wirtschaftliche Entwicklung aus. Hier hören wir aus der Branche, dass die Ertragslage aufgrund deutlich gestiegener Kosten durchaus herausfordernd ist.“
Karin Seiler: „Die quantitative Entwicklung sagt natürlich nichts über die wirtschaftliche Entwicklung aus. Hier hören wir aus der Branche, dass die Ertragslage aufgrund deutlich gestiegener Kosten durchaus herausfordernd ist.“ - © Tirol Werbung/Blickfang

Forderungen an die nächste Bundesregierung im Sinne der Standortsicherung

Senkung der Lohnnebenkosten

Bürokratieabbau

Zurückfahren des Fördervolumens

Erweiterung der Drittstaatenregelung auf weitere Länder

Tourismustag 2024: hohe Erwartungen

Die Daten aus dem Vorjahr verführten auf dem heurigen Tourismustag im Mai zu hochgeschraubten Erwartungen an die bevorstehende Sommersaison. 2023 war man mit einer Rekordzahl von insgesamt 80,9 Millionen Nächtigungen in der Sommersaison und 151,2 Millionen Nächtigungen im Gesamtjahr beinahe wieder auf dem Niveau von 2019. Die Zahl der Gästeankünfte ist 2023 auf einen neuen Höchstwert von 45,2 Millionen angewachsen, während dieser Wert 2022 bei rund 40 Millionen lag.

In der Mitte der heurigen Sommersaison, die jeweils von Mai bis Oktober zählt, kann nach den zwei stärksten Monaten gesagt werden, dass die Vorjahreswerte erreicht werden können.