Raumordnungsgesetz Steiermark : Graz: Aufstand der Bauwirtschaft

Obmann Bernhard Bauer, WK-Präsident Josef Herk, Fachgruppenobmann Gerald Gollenz und Unternehmer Hannes Schreiner machen sich für eine Novellierung des steirischen Raumordnungsgesetzes stark.

Obmann Bernhard Bauer, WK-Präsident Josef Herk, Fachgruppenobmann Gerald Gollenz und Unternehmer Hannes Schreiner machen sich für eine Novellierung des steirischen Raumordnungsgesetzes stark.

- © Fischer

Die Bauwirtschaft in Graz ist in Schieflage. Wurden im Jahr 2023 steiermarkweit noch 6.165 Wohnungen fertiggestellt, so sind es heuer rund 5.700 und nächstes Jahr nur mehr 2.500 Immobilien, die in Planung sind.

Ein dramatischer Einbruch, der nicht nur auf die herausfordernde Gesamtkonjunktur sowie die restriktiven Kreditvergabe-Richtlinien zurückführen ist, sondern auch auf hausgemachte Probleme im Bereich der Bauverfahren, speziell in Graz, wo rund 80 Prozent der steirischen Bauprojekte durchgeführt werden, heißt es von der WKO Steiermark.

Viele dieser Projekte hängen „künstlich“ in der Pipeline, da die Stadt Graz hier bei der Erlassung der Bebauungspläne massiv säumig ist. Laut Gesetz darf die Ausarbeitung solcher Pläne nicht länger als 18 Monate dauern, in der Praxis liegt man aber speziell in der Landeshauptstadt deutlich darüber – in Einzelfällen sogar sieben Jahre. Eine Verzögerung, die nun auch vom Verfassungsgerichtshof als nicht zulässig beurteilt wurde.

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Dieses Erkenntnis nimmt die WKO Steiermark nun zum Anlass, um eine Novelle im steirischen Raumordnungsgesetz einzufordern. Konkret geht es der Interessenvertretung der Wirtschaft um eine Festlegung des exakten Beginns des Fristenlaufs – insbesondere im Zusammenhang mit der Klärung von Vorfragen für den Bebauungsplan – und andererseits um einen neuen gesetzlichen Automatismus, wonach ein Verstreichen der 18-Monate-Frist ein Auslaufen der Bebauungsplanpflicht bewirkt.

„Denn mit ihrem derzeitigen Vorgehen schädigt die Stadt Graz nicht nur die Bau- und Immobilienbranche, sie bringt Menschen um ihre Arbeitsplätze“, so WK-Präsident Josef Herk, der der Stadt Graz offen „wirtschaftsfeindliches“ Agieren attestiert.

„Auch die Stadt Graz muss sich bei Bebauungsplanverfahren an gesetzliche Fristen halten. Wenn das mit den derzeitigen personellen Ressourcen nicht möglich ist, dann müssen diese aufgestockt werden oder Aufgaben an externe Experten ausgelagert werden“, ergänzt Gerald Gollenz, Obmann der Fachgruppe Immobilien- und Vermögenstreuhänder.

Bauwerber fordern Schadenersatz

Ins Rollen gebracht hat die Angelegenheit der Immobilieninvestor Hannes Schreiner, Geschäftsführer des Technopark Raaba, der die Stadt Graz vor dem OGH wegen Säumigkeit beim Bebauungsplanerlass geklagt hat und vom OGH Recht bekam.

„Seit mittlerweile sieben Jahren versuchen wir am Bahnhofgürtel ein Immobilienprojekt zu realisieren. Büroräumlichkeiten mit einer Gesamtbruttogeschoßfläche von 35.000 Quadratmetern, für die die Grazer Baubehörden trotz unzähliger Gespräche einfach nicht tätig wurden. Aus diesem Grund haben wir ein Verfahren eingeleitet und durch alle Instanzen geführt. Die Höchstrichter haben uns hier bestätigt, darum prüfen wir nun auch Möglichkeiten eines Schadenersatzanspruchs gegenüber der Stadt Graz. Denn für uns als Immobilienentwickler ist diese Verzögerung über alle gesetzlichen Fristen hinaus mit einem enormen finanziellen Schaden verbunden. Das ist absolut inakzeptabel und gleicht sowohl politischer als auch behördlicher Willkür“, so Schreiner.

Er betont, dass in dieser Zeit Betriebe, die rund 300 Arbeitsplätze in Graz angesiedelt hätten, aufgrund der Projektverzögerung in andere Städte abwanderten.

Auf die Stadt Graz könnte nun ein „Tsunami“ zukommen, denn rund 80 ähnliche Fälle seien anhängig und weitere Investoren streben nun ebenfalls Klagen an.

„Die Grazer Wirtschaft leidet aktuell massiv unter Planungsmängeln seitens der Behörden und Stadtpolitik“, so Bernhard Bauer, Obmann der WKO Regionalstelle Graz, der Arbeitsplätze und die Attraktivität des Standort Graz massiv gefährdet sieht.

Politik muss handeln

Die Stadtregierung kann das Problem nicht mehr ignorieren. Sollten Schadenersatzansprüche durchgehen, was europarechtlich in solchen Fällen vorgesehen wäre, kämen auf die Stadt Graz Ansprüche in zweistelliger Millionenhöhe zu. Zudem steht strafrechtliches Verhalten und Amtshaftung gegenüber zuständigen Politikerinnen und Beamten im Raum.