Insolvenzen Österreich : Insolvenzen: Was bedeuten die aktuellen Zahlen?

Ein Geschäftsmann vor sinkenden Einnahmen.

Nach Angaben des KSV1870 gingen im ersten Halbjahr 2024 bereits 3.298 Unternehmen pleite. Das ist ein Plus von 26 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres.

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Signa, Windhager, Depot, Fisker, Hygiene Austria, Pepco. Zahlreiche Unternehmen, vom Kleinunternehmen bis zum Großbetrieb, schlittern aktuell in die Insolvenz.

Nach Angaben des KSV1870 gingen im ersten Halbjahr 2024 bereits 3.298 Unternehmen pleite. Das ist ein Plus von 26 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. An dieser Entwicklung wird sich so rasch nichts ändern.

„Wir gehen für das Gesamtjahr von 6.500 Insolvenzen aus“, sagt Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz.

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Aber nicht nur die Zahl der Firmenpleiten steigt. Auch die vorläufigen Passiva sind angesichts zahlreicher Großinsolvenzen statistisch um mehr als als 900 Prozent auf rund 11,1 Milliarden Euro explodiert.

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„Dass wir in absoluten Zahlen aktuell mehr Insolvenzfälle haben, liegt nicht ausschließlich an wirtschaftlichen Faktoren, sondern auch daran, dass es in Österreich aufgrund zahlreicher Neugründen mehr Unternehmen gibt.“
Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz

Wie hoch sind die Insolvenzzahlen wirklich?

Von Dramatik und einem Tsunami will er trotzdem nicht reden.

„Natürlich sind die Zahlen sehr hoch“, so der Experte. 2020 und 2021 habe es aufgrund starker Eingriffe in den Markt kaum Insolvenzen gegeben, ab 2022 seien diese wieder gestiegen. Im Vorjahr habe sich das Tempo gegen Jahresende dann deutlich beschleunigt.

Nach wie vor gebe es bei den Insolvenzen Nachholeffekte aus der Pandemie. Weiters hätten Unternehmen mit multiplen Herausforderungen – von hohen Zinsen und Energiepreisen bis zu einer schwachen Nachfrage – zu kämpfen.

„Aber man muss die Insolvenzzahlen ins richtige Verhältnis bringen: Von 2005 bis 2010 hat es genauso hohe oder höhere Zahlen gegeben“, so Götze.

In welcher Dimension sich das aktuelle Insolvenzgeschehen im historischen Vergleich verhält, lässt sich auch anhand des Insolvenzquotienten einordnen. Während rund um den Jahrtausendwechsel pro Jahr etwa zwei Prozent der Unternehmen insolvent wurden, sind es heute rund 1,4 Prozent.

„Dass wir in absoluten Zahlen aktuell mehr Insolvenzfälle haben, liegt nicht ausschließlich an wirtschaftlichen Faktoren, sondern auch daran, dass es in Österreich aufgrund zahlreicher Neugründen mehr Unternehmen gibt“, erklärt er. Eine Prognose für 2025 will er aktuell nicht abgeben: „Man muss schauen, wie sich die Wirtschaft in Österreich, Deutschland und Europa entwickelt“.

Handlungsbedarf von Regierung bei Insolvenzanträgen

Ein Thema, das ihn im Zusammenhang mit den Pleiten beschäftigt, sind die nicht eröffneten Insolvenzen, die aktuell 36 Prozent ausmachen.

„Das heißt, es sind nicht einmal 4.000 Euro da, um den Insolvenzantrag einbringen zu können“, sagt Götze. Wird das Verfahren aber nicht eröffnet, würde es Monate dauern, bis das Unternehmen geschlossen werde, was zu hohen Folgekosten führe, so der Experte, der in diesem Punkt Handlungsbedarf von Seiten der künftigen Regierung ortet.

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„Wir plädieren dafür, dass der Staat die Kosten vorfinanziert – immerhin sind ja in der Regel Finanz und Sozialversicherung die größten Gläubiger“, so der Experte. Der danach bestellte Insolvenzverwalter sollte dann schauen, ob tatsächlich kein Vermögen mehr vorhanden sei. „Je rascher die Insolvenz eröffnet wird, desto besser“, sagt Götze.

Nicht eröffnete Insolvenzen trotz Unternehmenspleite machen in Österreich aktuell 36 Prozent aus.
Ein Thema, das ihn im Zusammenhang mit den Pleiten beschäftigt, sind die nicht eröffneten Insolvenzen, die aktuell 36 Prozent ausmachen. - © Stockfotos-MG - stock.adobe.com