SIPRI : Friedensforscher zu EU-Aufrüstung

Die Fakten und der Zweck dessen, was derzeit als „EU-Militärausgaben und Rüstungsbeschaffung“ bezeichnet wird, müssten klarer formuliert werden, sagt Pieter Wezeman.
- © Adobe stock/Studio AB ImagesAus unserer exklusiven Serie zur RÜSTUNGSWIRTSCHAFT: Interview mit Pieter Wezeman und Mathew George
WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN: Wie bewertet das SIPRI die aktuellen Aufrüstungspläne der EU vor dem Hintergrund der Friedens- und Konfliktforschung?
Pieter Wezeman: Die jüngste Diskussion über die Rolle der EU in militärischen Angelegenheiten ist höchst verwirrend. Unabhängig von den Aussagen, dass "die EU" in den kommenden vier Jahren 800 Milliarden Euro zusätzlich für die Verteidigung ausgeben wird, bleibt die Realität, dass die EU-Staaten selbst entscheiden, was sie für das Militär ausgeben und für wie viel Personal, Ausrüstung oder Operationen diese Ausgaben verwendet werden.
Vor diesem Hintergrund sind transparente und demokratische Prozesse erforderlich, um sicherzustellen, dass angemessene Entscheidungen über die militärische Verteidigung getroffen werden. In diesem Zusammenhang müssen die Fakten und der Zweck dessen, was derzeit als „EU-Militärausgaben und Rüstungsbeschaffung“ bezeichnet wird, klarer formuliert werden.
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Ist die europäische Verteidigungsfähigkeit tatsächlich als unzureichend einzustufen?
Mathew George: Auf die USA und Westeuropa entfallen 73% aller Waffenexporte im Zeitraum 2020-24, verglichen mit 61% im Zeitraum 2015-19. Ohne die USA entfallen auf die EU27+GB 31% der weltweiten Exporte in 2020-24, die 2015-19 bei 26% lagen.
Dies zeigt, dass einerseits die europäischen Staaten einen großen Anteil an den Waffenexporten haben und dass andererseits das Interesse an den europäischen Angeboten zunimmt.
Es sei daran erinnert, dass die Entscheidung von Staaten in Europa, US-Waffen zu importieren, nicht auf das Fehlen einer europäischen Alternative zurückzuführen ist, sondern auch auf die Vorteile einer langfristigen Beziehung mit dem Lieferstaat in solchen Fällen.
Wie profitiert die europäische Rüstungsindustrie von Waffenexporten im aktuellen Trend und wie hoch ist ihre Abhängigkeit von den USA bei Rüstungsgütern?
Mathew George: Es gibt mehrere Vorteile für die Industrie, sich um Exporte zu bemühen. Einer davon ist die Senkung der Stückkosten, so dass Effizienzsteigerungen in der Produktion einschließlich Kostensenkungen erzielt werden können, was natürlich ihren eigenen Gewinnen zugutekommt.
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Auch die Staaten profitieren davon, indem sie diese niedrigeren Stückkosten für die inländische Beschaffung nutzen, ganz zu schweigen vom Aufbau von Beziehungen zwischen Abnehmern und Lieferanten.
Auch die Beziehungen zwischen der US-amerikanischen und der europäischen Industrie sind komplex, da es auf beiden Seiten des Atlantiks Zulieferer von Rüstungsgütern gibt, wobei die F-35 ein leicht nachvollziehbares Beispiel ist.
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