Wirtschaft Österreich : Doris Hummer, WKO: "Brauchen dringend Hausverstandsprüfung für Gesetze"

Doris Hummer, Präsidentin der Wirtschaftskammer Oberösterreich, fordert eine Hausverstandsprüfung für Gesetze und Verordnungen.

Doris Hummer, Präsidentin der Wirtschaftskammer Oberösterreich, fordert eine Hausverstandsprüfung für Gesetze und Verordnungen.

- © WKOÖ/Hermann Wakolbinger

Wirtschaftsnachrichten: Die wirtschaftliche Situation hat sich in Oberösterreich in einigen Branchen eingetrübt. Welche Maßnahmen wären Ihrer Ansicht nach notwendig, um die Unternehmen nun zu entlasten?

Doris Hummer: Mittlerweile schrumpft die Wirtschaftsleistung das zweite Jahr in Folge und eine Besserung ist nicht in Sicht. Unsere Vorschläge liegen daher klar auf dem Tisch: Steuern, Abgaben und Bürokratie reduzieren, alle Arbeitskräftepotenziale nutzen, Grundlagen für Wachstum schaffen.

Im Detail würden zum Beispiel die Unternehmen mit 7,5 Mrd. Euro entlastet, wenn die Arbeitgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds gestrichen werden. Das hätte zudem positive Beschäftigungs- und Wachstumseffekte. Vollzeitarbeit und Überstunden müssen sich lohnen, denn die Arbeitszeit ist durch falsche Anreize in den letzten 20 Jahren nirgends so stark zurückgegangen wie in Österreich.

Ein weiteres Potenzial zur Entlastung gibt es bei der Entgeltfortzahlung, aber auch bei der Bürokratie. Wir brauchen dringend eine Hausverstandsprüfung für Gesetze und Verordnungen.

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Alarmsignal bei der Wettbewerbsfähigkeit

Derzeit leidet vor allem das Baugewerbe und nachfolgend trifft es auch Branchen wie die Möbelindustrie. Viele Unternehmen sehen eine Ursache in der strikten KIM-Verordnung, welche die Konjunktur abwürgen und Arbeitsplätze kosten würde. Sollte diese Verordnung weiter gelockert werden?

Hummer:
Auf jeden Fall. Die KIM-Verordnung zielt hauptsächlich darauf ab, eine Immobilienblase bzw. eine Überschuldung zu verhindern. Davon kann aber keine Rede sein: Die Neubauten vom Einfamilienhaus bis zur geförderten Wohnung sind österreichweit auf den tiefsten Stand seit 2010 eingebrochen. Wenn der Bau als Konjunkturlokomotive schwächelt, leiden auch Gewerbe und Handwerk. Der Handwerkerbonus, für den wir uns massiv eingesetzt haben, ist ein wichtiger Impuls für die Branche.

Was erwarten Sie sich im Zusammenhang mit der Konjunktur von einer neuen Regierung, bzw. welcher Konstellation würden Sie am meisten für die heimische Wirtschaft zutrauen?


Hummer:
Die dringend notwendigen Entlastungen habe ich schon angesprochen. Die wichtigste Aufgabe ist aus meiner Sicht, die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standortes wiederherzustellen. Da sind wir massiv abgerutscht. Die Lohnstückkosten sind davongaloppiert, wir haben uns aus dem Markt gepreist. Aber unsere Unternehmen müssen sich genau dort, auf den Weltmärkten, behaupten. Sie müssen bei den Kosten konkurrenzfähig sein und sie müssen innovativ sein. Auch die Innovationstätigkeit und die Investitionen haben zuletzt gelitten.

Das ist ein Alarmsignal, weil es hier um unsere künftige Wettbewerbsfähigkeit geht. Daher sollen Forschungs- und Investitionsprämie wieder aufgelegt bzw. erhöht werden. Besonders wichtig ist mir, dass auch kleine und mittlere Unternehmen besseren Zugang zur Forschungsprämie bekommen.

Neues Haus der Wirtschaft

Das neue Haus der Wirtschaft ist im Sommer fertiggestellt worden. Wie wurde der Neubau von den Mitgliedern aufgenommen?

Hummer:
Unser neues Haus der Wirtschaft wird von unseren Mitgliedern als auch von der allgemeinen Öffentlichkeit sensationell positiv aufgenommen. Wir sehen darin eine Bestätigung unserer Entscheidung, mit dem Umbau eine Öffnung zu vollziehen und ein Haus für alle zu gestalten.

Ein Haus der Wirtschaft, wo Unternehmertum gedacht, gelebt, gelernt und begleitet wird und wo Kreativität und Risikobereitschaft unterstützt werden. Aber auch ein Haus für die jungen Menschen im Land, damit sie sehen, wie erstrebenswert es ist, in Oberösterreichs Betrieben einen Beruf zu erlernen, sich weiterzubilden, Karriere zu machen oder vielleicht selbst Unternehmerin oder Unternehmer zu werden.