Wirtschaftsmotor : Konjunktur im Fluss: Donauraum stützt Österreichs Konjunktur trotz Krise
Entlang der Donau bildet sich ein starker Strom für Österreichs Wirtschaft. Die Bundesländer Oberösterreich, Niederösterreich und Wien können zusammen, trotz krisenbedingter Eintrübung, auf solide Wirtschaftsdaten verweisen. Niederösterreich, Oberösterreich und Wien sind zudem jene Bundesländer, die beim EU-Standortranking der Regionen mit den wirtschaftlich stärksten Regionen Europas mithalten können.
Dennoch fand der neue Präsident der Industriellenvereinigung Niederösterreich, Karl Ochsner, kürzlich drastische Worte. „Die Abwanderung der Industrie hat bereits eingesetzt“, so Ochsner und verweist dabei auf die Verlagerung von Investitionen in das Ausland. Die Gründe seien zu teure Energiekosten, hohe Abgabenlast und die schwindende Leistungsbereitschaft im Land. Das würde laut Ochsner den Standort zurückwerfen. Wie auch andere Wirtschaftstreibende prangert der IV-Präsident ebenfalls diese „fatale Mischung“ an. Es gehe jetzt um den Standort.
Standort schwächelt
Und tatsächlich ist es so, dass der heimische Wirtschaftsstandort in internationalen Rankings (im Gegenzug zu nationalen, etwa vom WIFO) an Attraktivität verliert. Im World Competitivness Scoreboard vom Institut for Management Development (IMD) ist Österreich auf den 24 Platz 2023 abgerutscht. 2020 lag man noch auf dem 16. Platz. Gleichzeitig ist die Steuern- und Abgabenlast laut Eurostat angestiegen. Diese Standortindikatoren machen letztendlich auch vor Oberösterreich, Niederösterreich und Wien nicht halt.
Wir kurbeln die Wirtschaft im heurigen Jahr mit Investitionen in Höhe von rund vier Milliarden Euro anPeter Hanke, Wirtschaftsstadtrat der Stadt Wien
Wien im Plus
Die Wirtschaft der Bundeshauptstadt hat sich nach den mageren Corona-Jahren grundsätzlich gut erholt. Der Tourismus in der zweiten Jahreshälfte 2023 konnte wieder um knapp 28 Prozent zulegen. Die regionalen Konjunkturdaten des WIFO wiesen zuletzt noch ein kleines Wachstum im Vergleich zum Vorjahr auf.
„Erfreulicherweise liegt die Wirtschaftsleistung in Wien laut WIFO-Prognose vom Oktober 2023 mit einem leichten Wachstum von 0,1 Prozent immer noch im Plus, während sie in Österreich um 0,6 Prozent schrumpft. Die Wiener Wirtschaft zeigt sich trotz der multiplen Krisen also als erstaunlich widerstandsfähig“, beurteilt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke die Resilienz der Wiener Wirtschaft. Mit gezielten Förderungen und Investitionen will er Unternehmen und den Standort weiter stützen.
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Die hohen Energiepreise sind aber auch für Wien ein Faktor, den es in den Griff zu kriegen gilt, auch wenn Hanke darauf verweist, dass man bei den internationalen Energiepreisen „nur Passagier“ sei. Die Stadt Wien bemühe sich daher, möglichst treffsichere Entlastungspakete zu schnüren.
„Ich habe aber immer gesagt, dass Senkungen möglichst rasch bei den Kundinnen und Kunden ankommen müssen, dazu zählen auch die Unternehmen. Daher haben wir bereits im Sommer 2023 mit Wien Energie ein Gewerbepaket geschnürt, mit dem sowohl kleine und mittlere Unternehmen, aber auch Großkunden entlastet werden. Damit ist eine Reduktion von über 50 Prozent bei Strom und sogar 77 Prozent bei Erdgas möglich“, so Hanke zur Energiepreissituation.
Weitere Investitionen der öffentlichen Hand sollen zudem für Konjunkturschübe im heurigen Jahr sorgen. „Wir kurbeln die Wirtschaft im heurigen Jahr mit Investitionen in Höhe von rund vier Milliarden Euro an, bis Ende 2025 sind es sogar 7,2 Milliarden Euro. Neben dem Ausbau der Infrastruktur setzen wir bei der Wirtschaftsförderung auf die Schwerpunkfelder Ökologisierung, Digitalisierung und Daseinsvorsorge. Und in unser hohes Ziel, die Klimaneutralität Wiens bis 2040, investieren wir alleine über die Wiener Stadtwerke bis 2025 über vier Milliarden Euro“, bestätigt Hanke auf Anfrage der Wirtschaftsnachrichten.
Heuer wird es wieder bergauf gehenWalter Ruck, Präsident der WK-Wien
Wiens Wirtschaft bleibt optimistisch
Dass die Wirtschaft in der Hauptstadt mehrheitlich positiv ins neue Jahr blickt, kann auch Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien, grundsätzlich bestätigen. Der Ausblick für heuer sei deutlich besser als der für 2023. Die österreichweite, leichte Rezession dürfte laut Ruck im laufenden Jahr überwunden werden.
„Heuer wird es wieder bergauf gehen. Der Wirtschaftsstandort Wien selbst hat sich im vergangenen Jahr überdurchschnittlich gut entwickelt und wird das auch heuer tun. Das spricht für die hohe Qualität von Wien als Wirtschaftsraum. Hemmend wirken sich der Fachkräftemangel und die Teuerung aus“, berichtet der WK-Präsident.
Die nach wie vor hohe Inflation, und hier vor allem der große Abstand zu Deutschland oder dem Wert des Euroraumes, seien aber definitiv eine Belastung, so Ruck. „Jeder Prozentpunkt kostet uns Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit. Die Regierung könnte hier sehr einfache und schnelle Maßnahmen setzen, beispielsweise eine Gebührendeckelung. Auch bei den Lohnnebenkosten gibt es Handlungsbedarf“.
Mit der Investitionstätigkeit der Stadt Wien zeigt sich Ruck zufrieden, verweist aber auf weitere wichtige Anliegen der Wirtschaftskammer Wien. „Es sind einige gute Projekte in Planung, die hoffentlich rasch umgesetzt werden. Zum Beispiel der Fernbusterminal oder die neue Eventhalle. Grundsätzlich hat Wien auch Bedarf an schnellem Internet. Der Breitbandausbau muss vor allem in den Betriebsgebieten vorangetrieben werden. Und auch eine neue HTL für Wien – die letzte wurde im vergangenen Jahrtausend errichtet -, ist notwendig. Das forciert die Wirtschaftskammer Wien. Ihr Schwerpunkt soll auf IT liegen, um den steigenden Fachkräftebedarf in diesem Bereich abzufedern“, fordert Präsident Ruck.
Niederösterreich bleibt Innovationstreiber
Die positiven konjunkturellen Indikatoren der Bundeshauptstadt strahlen auch in das Umland und auf das Bundesland Niederösterreich aus. Auch hier entwickelte sich die Wirtschaft teilweise besser als im übrigen Österreich. Vor allem in der Bauwirtschaft war der Rückgang geringer als im Bundesdurchschnitt. Allerdings war eine relativ markante Reduktion der Sachgüterproduktion im letzten Jahr erkennbar, wie Daten des WIFO zeigen.
Trotz der Herausforderungen bleibt der Standort Niederösterreich ein Zugpferd für die heimische Wirtschaft.
„Unsere Betriebe und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten in den vergangenen Jahren mit vielen internationalen Herausforderungen zu kämpfen, die auch vor Niederösterreich nicht haltgemacht haben. Und jetzt prognostizieren uns die Wirtschaftsforscher, dass 2024 wieder zaghaft, aber doch das Wirtschaftswachstum zurückkommt.
Wir als Land Niederösterreich wollen auch unseren Beitrag leistenJohanna Mikl-Leitner, Landeshauptfrau von Niederösterreich
Und damit dieses zarte Pflänzchen des Aufschwungs für unsere Landsleuten auch weiterwächst, wollen wir dazu als Land Niederösterreich auch unseren Beitrag leisten“, bekräftig Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Mit kräftigen Investitionen und gezielten und punktgenauen Förderprogrammen für die Wirtschaft will sie den Standort weiter stärken.
„Als Land setzen wir unter anderem auf ein engmaschiges Service unserer Wirtschaftsagentur, beispielsweise auf Brachflächen in Niederösterreich. Gleichzeit fördern wir vor allem Investitionen in Zukunftsfelder wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Mit unseren Investitionen in den Kindergarten-Ausbau, Straßenbau und vieles mehr lösen wir zusätzlich noch einmal 3,2 Milliarden Euro an Investitionen durch Private aus“, bestätigt Mikl-Leitner, die sich auf europäischer Ebene für weniger Auflagen für Betriebe und bei Bundesminister Martin Kocher für eine Senkung der Lohnnebenkosten einsetzen wird.
Weiters ist die Qualifizierung von Fachkräften in Niederösterreich ein drängendes Thema und für den langfristigen Erfolg des Standorts essenziell. Landeshauptfrau Mikl-Leitner ist das bewusst: „Durch attraktive Arbeits- und Lebensbedingungen wollen wir sicherstellen, dass hochqualifizierte Arbeitskräfte in Niederösterreich bleiben und sich neue Talente hier ansiedeln. So unterstützen wir mittels Expat Center das Ankommen von Schlüsselarbeitskräften aus dem Ausland am Wirtschaftsstandort Niederösterreich“.
Stärke liegt in der Vielfalt
Besonders von Vorteil ist, dass Niederösterreich wirtschaftlich sehr divers aufgestellt ist und ein gutes Fundament von familiengeführten Traditionsbetrieben mit hoher Innovationsdynamik aufweisen kann.
„Unsere Stärke ist die Vielfalt und die kleinteilige Struktur unserer Betriebe. Diesen Betrieben und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wir es zu verdanken, dass unsere Landsleute die höchste Kaufkraft im Bundesländer-Vergleich haben“, bekräftigt dazu Landeshauptfrau Mikl-Leitner.
Wolfang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich bestätigt die positive Einstellung zum Wirtschaftsstandort Niederösterreich. Den bereits angesprochenen Arbeitskräftemangel und vor allem die hohe Energiepreise nennt aber auch er als große Herausforderung für die Betriebe. „Hier müssen wir rasch gegensteuern“, so Ecker. Zudem brauche es als Antwort auf die Inflation und die gestiegenen Kosten für die Unternehmen einen breiten Maßnahmenmix. Auch er plädiert hier für eine Senkung der Lohnnebenkosten und für mehr Investitionsanreize.
Damit der Wirtschaftsstandort Niederösterreich aber auch langfristig wettbewerbsfähig bleibe, brauche es weitere infrastrukturelle Investitionen, so Ecker. „Zum Beispiel braucht es im Energiebereich für den dringend notwendigen Netzausbau einen Energieinfrastrukturfonds. Um die Bauwirtschaft wieder anzukurbeln, muss man sich mit der KIM-Verordnung etwas einfallen lassen. Die Kindergartenoffensive in Niederösterreich ist dabei schon ein wichtiger Faktor für die Bauwirtschaft.“
Wir brauchen einen breiten MaßnahmenmixWolfgang Ecker, Präsident der WK-NÖ
Industrielles Powerhouse Oberösterreich
Donauaufwärts ist schließlich das industrielle Herz Österreichs im Bundesland Oberösterreich zuhause. Die produzierende Industrie macht hier einen überdurchschnittlich hohen Anteil an der Wertschöpfung aus. Die Sachgüterproduktion ist jedoch verhalten und die Bauwirtschaft deutlich eingetrübt. Hier fallen hohe Energiepreise logischerweise wieder stärker ins Gewicht. Oberösterreich hat aber als einziges Bundesland vom Preisgesetz von 1992 Gebrauch gemacht und die Fernwärmetarife im Schnitt nur um acht Prozent erhöht, was sich insgesamt etwas dämpfend auf die Energiepreise ausgewirkt hat.
Doris Hummer, Präsidentin der Wirtschaftskammer Oberösterreich legt aber deutlich dar, dass es Maßnahmen braucht, um den Standort zu stützen. Sorge und Skepsis seien gleichauf mit der Zuversicht was den Ausblick auf den nächsten 12 Monate betrifft.“70 Prozent der oberösterreichischen Unternehmen sind zumindest eher stark von der aktuellen Krisensituation betroffen und nennen als Problem bzw. Herausforderung die steigenden Energie- sowie Spritkosten, die Inflation, die Lohnkosten und Lieferkettenprobleme.
Besonders die Branchen Industrie, Transportdienstleistungen und Bauwirtschaft leiden unter der Auftrags- und Exportflaute. Die hohe Inflation trägt dazu bei, dass auch der Handel mit starken Wertschöpfungsrückgängen konfrontiert ist“, beschreibt Hummer die Lage. „Unsere Unternehmen brauchen deshalb konjunkturelle Anreize und konjunkturstabilisierende Maßnahmen, wie eine Investitionsprämie NEU, neue Impulse für die Baukonjunktur, einen Abbau bürokratischer Hürden sowie eine Senkung der Lohnnebenkosten“, fordert auch Hummer von der Politik.
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Exportpotenzial bei Green-Tech
Mit 53,2 Milliarden Euro Exportumsätzen hat Oberösterreich im Vorjahr aber wieder einen Exportrekord erzielt, wie Hummer betont. „Allerdings machen die angespannte Kosten- bzw. Preissituation sowie die nachlassende internationale Nachfrage unseren Exportbetrieben massiv zu schaffen. Wir müssen daher alle Möglichkeiten nutzen und neue Märkte erschließen“, betont sie die Wichtigkeit des Exportgeschäfts.
Ein großer Export-Schwerpunkt der Zukunft liege laut Hummer daher im Bereich „Green-Tech“. „Oberösterreich möchte mithilfe dieser Technologien die Welt grüner machen und sich als Vorreiter für nachhaltige Innovationen positionieren. Das höchste ungenutzte Exportpotenzial liegt aktuell in den USA und in China. Aber auch in Deutschland (derzeit der Hauptabnehmer von Umwelt-Technologie aus Österreich) und in Skandinavien gibt es noch viele neue Chancen“, zeigt sich Hummer abschließend optimistisch und zeigt sogleich auf, wohin der Transformationsprozess der heimischen Wirtshaft gehen kann.
Unsere Unternehmen brauchen konjunkturelle Anreize und konjunkturstabilisierende MaßnahmenDoris Hummer, Präsidentin der WK-OÖ