Privatinsolvenzen bei jungen Menschen : Wenn der Umgang mit Geld stresst

Reiches Kind

Jugendliche sind am Thema Geld und Finanzen durchaus interessiert, aber fühlen sich noch nicht ausreichend informiert.

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Die Zahlen sind alarmierend: Nach Angaben des Alpenländischen Kreditorenverbandes ist im Vorjahr die Zahl der Privatinsolvenzen der unter 24-Jährigen um 22 Prozent gestiegen, bei Frauen beträgt der Anstieg sogar 45 Prozent. Deutlich gestiegen ist auch die Durchschnittsverschuldung in dieser Altersklasse: Lag diese im Jahr 2022 bei durchschnittlich 35.700 Euro, so waren es im Vorjahr im Durchschnitt 50.500 Euro.

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„Schulden zu machen, wird Jugendlichen viel zu leicht gemacht, etwa durch die Buy-Now-Pay-Later-Bezahllösungen vieler Onlineshops“, kritisiert Philip List, Leiter des Erste Financial Life Park (FLiP). Social-Media-Trends, bei denen mit der Höhe offener Rechnungen angegeben oder rascher Reichtum, etwa mit Kryptowährungen, versprochen werde, würden das Problem verschärfen. „Über Risiken und die Folgen der Verschuldung wird da aber nicht gesprochen“, sagt List.

Philip List, Leiter des Erste Financial Life Park
Philip List, Leiter des Erste Financial Life Park. - © Erste Financial Life Park

Jugendliche und Finanzen: Großer Aufholbedarf bei finanzieller Bildung

Problematisch ist das vor allem deshalb, da nach wie vor viele Jugendliche nicht über ausreichendes Grundwissen in Geld- und Finanzfragen verfügen. Zwar hat sich der Anteil jener, die sich nach eigenen Angaben „eher nicht“ oder „gar nicht“ beim Thema Geld und Finanzen auskennen, zwischen 2021 und 2023 von 60 auf 43 Prozent verringert, wie die aktuelle, repräsentative Jugendstudie des Sozialunternehmens YEP in Zusammenarbeit mit FLiP zeigt. „Aber es gibt noch immer viel Aufholbedarf“, weiß List. Ein Indiz dafür sei etwa, dass sich Jugendliche vom Umgang mit Geld gestresst fühlen und gleichzeitig von Zukunftsängsten geplagt werden: So gab jeder fünfte Jugendliche an, keinen Überblick über die eigenen Ausgaben zu haben.

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51 Prozent der insgesamt knapp 1.900 befragten Jugendlichen in Österreich fühlen sich mit ihrer aktuellen finanziellen Bildung nicht auf die Zukunft vorbereitet. Mädchen sind davon übrigens weit stärker betroffen: So fühlen sich 57 Prozent der weiblichen Befragten nicht auf die Zukunft vorbereitet, bei den männlichen Befragten sind es mit 40 Prozent deutlich weniger. Mädchen fühlen sich auch deutlich mehr vom Umgang mit Geld gestresst: Dies gilt nämlich für jedes zweite Mädchen, aber „nur“ für rund jeden vierten Burschen. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich Mädchen im Finanzwissen deutlich weniger sattelfest fühlen: Während sich nur 32 Prozent der Burschen mangelndes Finanzwissen attestieren, ist es bei Mädchen jede Zweite.

Reden wir über Geld

Angesichts dessen sei es enorm wichtig, über Geld zu reden, das Interesse der Jugendlichen daran sei gegeben, so List. Denn nach wie vor sei das viel zu selten der Fall. So gaben beispielsweise immerhin 29 Prozent der Befragten an, zu Hause selten oder gar nicht über Geld zu sprechen. Auch in der Schule gibt es trotz Integration der Finanzbildung in die Lehrpläne noch Aufholbedarf.

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„Das Problem ist, dass sie nicht zusammenhängend unterrichtet wird“, sagt List. So werde zwar beispielsweise Zinsrechnung gelehrt, aber nicht, was diese für den Einzelnen konkret bedeute. „Oder man lernt in Geschichte über den Börsencrash, aber es wird nicht erklärt, was Börse, Kapitalmarkt und so weiter sind“, so der Finanzbildungsexperte, der darauf hinweist, dass die Schule immerhin jener Ort sei, wo die Jugendlichen am liebsten zum Thema Finanzbildung lernen würden.