Klimadebatte : Im Namen des Klimas

Elisabeth Zehetner, Geschäftsführerin oecolution

Den Klimaschutz im Blick – ganz ohne Ignoranz und Panikmache – hat Elisabeth Zehetner, Geschäftsführerin von oecolution austria, mit ihrem ersten Buch „Im Namen des Klimas“.

- © oecolution austria

Warum haben Sie dieses Buch geschrieben? Sind nicht schon genug Publikationen zum Thema „Klima“ am Markt?

Elisabeth Zehetner:
Die aktuelle Klimadebatte ist durch eine Polarisierung von zwei Seiten gekennzeichnet – auf der einen Seite gibt es die Klimaaktivisten, für die Klimaschutz das oberste Ziel ist. Auf der anderen Seite stehen die Klimaleugner, die nicht einmal anerkennen wollen, dass sich unser Klima verändert und der Mensch einen maßgeblichen Beitrag dazu leistet.

Beides ist nicht zielführend und führt nicht zu einer sinnvollen Auseinandersetzung und gemeinsamen Lösungen. Ich finde es wichtig, in einer oftmals verkürzt geführten Diskussion einen Ausgleich zu bieten. Mein Buch präsentiert neun Thesen, die kurz und verständlich, aber wissenschaftlich fundiert sind. Sie behandeln unter anderem, wie die Art der Debattenführung dem Klimaschutz schadet und extreme Positionen die Demokratie gefährden können. Ich möchte betonen, dass Technologien als mächtiger Hebel dienen können und es essenziell ist, auch unbequeme Themen anzusprechen, um zu zeigen, dass es nicht immer nur schwarz oder weiß gibt.

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Die Erderwärmung ist messbar und spürbar. Müssen wir uns vor der Zukunft fürchten?

Zehetner: Nein. Einerseits ist Furcht immer ein schlechter Ratgeber, andererseits haben wir zahlreiche Instrumente zur Hand, um den Klimawandel einzudämmen. Wir müssen sie nur ideologiebefreiter betrachten und schließlich nutzen.

Ich gebe ein Beispiel: CCS, also Carbon Capture and Storage. Österreich ist eines der wenigen Länder in Europa, das noch ein Verbot der CO2-Speicherung hat. Warum? Das kann mir keiner so genau erklären. Umweltorganisationen wenden ein, dass die Technologie noch nicht ausgereift, viel zu teuer sei und bei der Speicherung unter der Erde CO2 entweichen könnte. Außerdem würde man das als Vorwand nutzen, um sonst keinen Klimaschutz betreiben zu müssen. Das ist doch Unsinn. Sämtliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, vom Weltklimarat (IPCC) abwärts, sagen klar das Gegenteil und rufen zu einer raschen Anwendung auf. Viele Länder, wie etwa Norwegen oder Island, machen das bereits seit Jahren. Wir können es uns nicht leisten, auf den Einsatz dieser Technologien zu verzichten. Und gleichzeitig steht aber außer Frage, dass es weitere Maßnahmen braucht, um den Klimawandel einzudämmen.

Schon heute interessieren sich neun von zehn ausländischen Wirtschaftsdelegationen, die nach Österreich kommen, für unser Know-how rund um Green-Tech.

Klimaschutz ist o.k., doch werden wir ohne Industrie nicht einen enormen wirtschaftlichen Rückfall sowie den Verlust von Wohlstand erleiden?

Zehetner:
Für mich schließen sich kluger Klimaschutz und eine wettbewerbsfähige Industrie nicht per se aus. Wir müssen nur darauf achten, welche Maßnahmen wir ergreifen - ob diese von überbordender Regulatorik gezeichnet und unsere Industriebetriebe zum Abwandern oder Schließen gezwungen sind, wie es derzeit leider oftmals den Anschein hat. Oder ob wir ihnen die Möglichkeit einräumen, sich zu transformieren und in neue Technologien und Produktionsverfahren zu investieren. Außerdem ist es ein weitverbreiteter Mythos, dass effektiver Klimaschutz zwangsläufig zu einem Rückgang der Industrie und des Wohlstands führen muss. Tatsächlich zeigt eine aktuelle Studie, die wir gemeinsam mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria gemacht haben, sogar, dass wir Wirtschaftswachstum brauchen, um das Klima zu schützen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Studien, die beweisen, dass in vielen Industrieländern bereits eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Treibhausgasemissionen stattfindet.

Sehen Sie sich als Klimaaktivistin?


Zehetner:
Ich sehe mich als Öko-Optimistin. Probleme sind da, um sie zu lösen. Es geht mittlerweile gar nicht mehr darum, ob wir etwas gegen den Klimawandel tun müssen, sondern es geht darum, vorwärtszugehen und zu eruieren, was wir tun können, welche Instrumente wir haben und welche Maßnahmen am effizientesten sind.

Gerade der Mobilitätssektor wird als größter Klimasünder gesehen. Dieser Bereich trifft aber jeden von uns…


Zehetner:
Einige Klimaschutzmaßnahmen könnten relativ einfach und kosteneffizient umgesetzt werden. Zum Beispiel hat der ÖAMTC vorgeschlagen, den Anteil biogener Elemente von 10 auf 13,5 Prozent zu erhöhen, um die Klimaziele im Mobilitätssektor zu erreichen. Allerdings erfordert die Energiewende umfangreiche Investitionen in Infrastruktur, Netzausbau und -umbau. Diese Investitionen sind kostenintensiv. Daher ist es essenziell, Klimaschutzmaßnahmen in Verbindung mit Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft umzusetzen.

Aus der Politik kommen oft Vorgaben, die hoch oben im Elfenbeinturm entwickelt wurden und im Alltag nicht umsetzbar sind. Wer trägt die Verantwortung für unseren Planeten?

Zehetner:
Wir alle. Daher ist es essenziell, die Menschen mit ins Boot zu holen. In einer Demokratie Maßnahmen setzen zu wollen, obwohl die Mehrheit dagegen ist, bringt nichts. Und wenn man Maßnahmen setzt, braucht es Transparenz und Aufklärungsarbeit, damit die Bevölkerung den nächsten Schritt versteht – und ihn mitgeht. Daher poche ich auch so darauf, die demokratischen Grundsätze in Bezug auf den Klimawandel nicht über Bord zu werfen.

Wir können in einer Demokratie nicht alles dem Klima unterordnen. Wir müssen darauf achten, dass unser Wohlfahrtsstaat erhalten bleibt. Mitsamt unserem Gesundheits-, Bildungs- und Sozialsystem. Würden wir uns ausschließlich aufs Klima konzentrieren, würden wir uns heute, aber auch in Zukunft schaden. Das ist den künftigen Generationen gegenüber unfair. Die Frage ist also: Wie schaffen wir es, möglichst viel CO2 einzusparen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass es uns weiterhin gut geht und wir sozial und beruflich abgesichert sind.

Sie kommen beruflich aus einer Interessengemeinschaft der Wirtschaft und wissen, dass wir ein kleines Land mit globalen Nischenmärkten sind. Ist der Umweltbereich nicht eine zu große Nummer für uns?


Zehetner:
Im Bereich der Umwelttechnik hat Österreich eine gute Ausganslage: Rund 72 Prozent der Umsätze werden im Export erwirtschaftet. Schon heute interessieren sich neun von zehn ausländischen Wirtschaftsdelegationen, die nach Österreich kommen, für unser Know-how rund um Green-Tech. Von den 6,1 Milliarden Euro, die unsere Unternehmen in F&E investieren, entfällt ein beachtlicher Anteil auf Investitionen rund um nachhaltige Technologien. Green und Clean Tech sind Österreichs große Chance, mit Klimaschutz Geld zu verdienen und gleichzeitig andere Länder dazu zu bringen, schneller von fossilen Brennstoffen wegzukommen und klimaneutraler und sauberer zu werden.