Dekarbonisierung der Wirtschaft : Energiewende in der Industrie: Energie Steiermark hat den Masterplan

Das Kraftwerk Gössendorf der Energie Steiermark.

Das Kraftwerk Gössendorf der Energie Steiermark

- © Energie Steiermark

Es war ein „Bottom-up-Prozess“ in Abstimmung mit der Energie Steiermark und der Industriellenvereinigung Steiermark. 22 energieintensive Industrieunternehmen haben, mit Unterstützung von internationalen Expertinnen und Experten und lokalen Partner aus der Forschung, über ein halbes Jahr lang Daten erhoben, Szenarien skizziert und Zukunftsbedarfe zum Thema Erneuerbare Energien berechnet.

Das Ergebnis der ganzheitlichen Betrachtung des industriellen Energiebedarfs, seiner Erzeugung sowie seiner Verteilung ist ein „Masterplan Grüne Energie 2040“ für die Steiermark. Er enthält fünf Handlungsfelder mit 15 Maßnahmenpaketen und insgesamt 45 konkreten Umsetzungsschritten für die grüne Transformation der steirischen Industrie.

 Insgesamt gilt die Steiermark traditionell als energieintensiver Industriestandort und auch heute sind 30 Prozent der steirischen Industriebeschäftigten in energieintensiven Unternehmen tätig - deutlich mehr als im österreichischen Bundesländerschnitt. Die Exportorientierung und der Innovationsgeist, mit dem sich diese Unternehmen auf den Weltmärkten behaupten, sind Antrieb, die heimischen (Energie-)Rahmenbedingungen aktiv mitzugestalten und zukunftsorientiert zu setzen.

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Martin Graf, Christian Purrer, Markus Ritter und Franz Kainersdorfer bei der Präsentation des Masterplan Grüne Energie 2040. "Mithilfe modernster Produktionsverfahren fertigen wir im Land Stahl, Papier oder Zement bereits wesentlich klimaschonender als anderswo. Der Schlüssel liegt klar in unseren Technologien und deren Einsatz", sagt Markus Ritter, Geschäftsführender Gesellschafter Stahl- und Walzwerk Marienhütte GmbH, sowie Vorsitzender des Industrieforums Energie & Umwelt der IV-Steiermark.

- © Energie Steiermark/ Symbol

2040: Verfügbarkeit und Leistbarkeit von Strom und Wasserstoff zentral

Die Bedarfserhebung im Rahmen des Masterplans hat eine Zunahme des Strombedarfs aufgrund der steigenden Elektrifizierung industrieller Produktionsverfahren von +0,8 TWh bis 2030 bzw. +1,3 TWh bis 2040 ergeben (jeweils im Vergleich zu 2022). Die Nachfrage nach Wasserstoff steigt ab 2030 steil an, der Bedarf 2040 liegt bei 5,6 TWh.

Rund 20 Prozent des Wasserstoffbedarfs können aus aktueller Sicht lokal erzeugt werden – das sorgt wiederum für einen zusätzlichen jährlichen Strombedarf von +0,9 TWh bis 2030 bzw. +1,7 TWh bis 2040. Zu einer Reduktion kommt es allenfalls beim Erdgasbedarf, der sich bis 2030 halbieren kann, wenn Wasserstoff bzw. andere grüne Energieträger in ausreichenden Mengen zu wettbewerbsfähigen Konditionen verfügbar sind. 

Eine Senkung des Erdgaseinsatzes von heute 7,2 TWh auf 0,7 TWh bis 2040 ist unter diesen Voraussetzungen möglich.

  • Christian Purrer, Vorstandssprecher der Energie Steiermark AG
    Eine positive Partnerschaft zwischen Politik, Energie- und Industrieunternehmen ist die Voraussetzung, um die Herausforderungen der Energiewende stemmen zu können. Das erfreuliche Klima des Vertrauens und der Zusammenarbeit aller Beteiligten im Land macht die Steiermark österreichweit zum Vorreiter. 

    Christian Purrer /Vorstandssprecher der Energie Steiermark AG

Fünf zentrale Handlungsfelder für die Grüne Transformation 2040

  • Finanzierung der grünen Transformation sicherstellen; beispielsweise durch die zweckmäßige Adaptierung des europäischen Emissionshandels (EU-ETS).


  • Energienetze ausbauen, ertüchtigen und vernetzen; zum Beispiel durch eine zukunftsfitte Regulatorik für die Strom- und Wasserstoffinfrastruktur.


  • Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen; etwa durch das Ausweiten der Vorrangzonen für PV und Windkraft.


  • Verfügbarkeit grüner (klimaneutraler) Gase sicherstellen; durch das Forcieren des Hochlaufs der steirische Wasserstoffwirtschaft und der Biomethanproduktion.


  • Flexibilität der Energiemärkte stärken; mit etwa dem gezielten Carbon Management als Teil der Energie-Transformation.
  • Martin Graf, Vorstandsdirektor der Energie Steiermark AG
    Die Transformation des Energiesystems benötigt Investitionen in Mrd-Höhe. Es braucht dringend finanzierungs- und investitionsfähige Grundlagen, sodass der Dreiklang zwischen Kapitalmarkt, Energiemarkt und Politik/Regulierung zum Gelingen der Energiewende beitragen kann!

    Martin Graf / Vorstandsdirektor der Energie Steiermark AG

120 Windkraftanlagen bis 2030 nötig

Windkraftanlagen sind aufgrund ihrer robusten Energieerzeugung im Winter bzw. in der Nacht ein wesentlicher versorgungssichernder Baustein beim weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Der Ausbau der Windkraft - konkret bedeutet dies rund 120 zusätzliche Windkraftanlagen bis 2030 - muss jedoch angesichts der bereits erzielten Ausbauerfolge deutlich forciert werden.

Auch der Einsatz von Photovoltaik bleibt eine zentrale Säule für den grünen Umbau der Steiermark. Wesentlich dafür ist der Ausbau der Verteilnetze und die Entwicklung von Speicherlösungen.

Wasserstoff: Finanzierbarkeit sicherstellen

Wasserstoff spielt insbesondere eine wichtige Rolle, um Erdgas in Industrieprozessen zu ersetzen. Aus heutiger Sicht ist es möglich, rund 20 Prozent des Bedarfs im Jahr 2040 in der Steiermark zu erzeugen, wobei der überwiegende Teil des Bedarfs über internationale Korridore zu beziehen sein wird.

Für die damit verbundenen enormen Investitionen gilt es, den Hochlauf aktiv zu unterstützen. Dies kann z.B. dadurch geschehen, die anfangs höheren laufenden Kosten für klimafreundliche Produktionsmethoden und Energieträger temporär zu unterstützen und die Anbindung an die internationalen Versorgungskorridore sicherzustellen.

Planungssicherheit bzw. einheitliche und wettbewerbsfördernde Rahmenbedingungen sind dabei für die heimischen Unternehmen entscheidend. Letztlich trägt eine effiziente heimische Erzeugung auch wesentlich zur heimischen Versorgungssicherheit bei und ermöglicht die Verschiebung von überschüssigem PV-Strom vom Sommer in den Winter.

Preissenkung und Investitionsturbo

Die Energie Steiermark reduziert mit 1. Juli die Preise für Erdgas um 51,7 Prozent auf 5,8 ct/kWh und wird damit zum günstigsten Landesenergieunternehmen Österreichs. Ebenfalls gesenkt wird der Strompreis mit 1. August – und zwar um 10,7 Prozent auf 21,87 ct/kWh, heißt es in einer Aussendung des Unternehmens. Gleichzeitig erhöhte das Unternehmen erneut seine Investitionen in Nachhaltigkeitsprojekte: 2023 flossen insgesamt 221,3 Millionen Euro (2022: 217 Mio. Euro) in „grüne" Projekte.

So erfolgte unter anderem der Baustart für den Windpark Freiländeralm II (Gesamtprojektvolumen: 150 Millionen Euro für 17 neue Windräder), die vollständige Übernahme des Projekts „Windpark Stubalm“ und in Feldbach wird derzeit ein neues Biomasseheizwerk errichtet.

Die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des 30.000 Kilometer langen Stromnetzes der Energie Steiermark sei zudem enorm: „Allein im Vorjahr wurden über 15.000 neue PV-Anlagen an unser Netz angeschlossen, das ist eine Verdoppelung des Booms von 2022", so die beiden Vorstände Purrer und Graf, Insgesamt wurde die Leistung von 18 mittleren Murkraftwerken zusätzlich eingespeist.

Bis 2030 investiert die Energie Steiermark mehr als 1,5 Milliarden Euro in den Um- und Ausbau der steirischen Netzinfrastruktur, mehr als 600 Millionen Euro fließen in den Neubau von Wasserkraftwerken, Windparks und Photovoltaikanlagen, 400 Millionen Euro in die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung und die Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff.